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Was dürfen Stiefeltern? Sechs Fragen an den Experten

Stiefeltern

Der Hamburger Anwalt Matthias Bergmann hat sich im Bereich Familienrecht auf die Bereiche Sorgerecht und Umgangsrecht spezialisiert und ist als Anwalt für Sorge- und Umgangsrecht im gesamten Bundesgebiet tätig. Für den Stiefmutterblog habe ich ihn gebeten, die sechs meistgestellten Fragen zum Thema Rechte der Stiefeltern zu beantworten.

Rechte der Stiefeltern: Sechs konkrete Fragen an den Experten

Inhalt

Herr Bergmann, die Unterschiede zwischen eigenständigem kleinem Sorgerecht des Stiefelternteils und übertragenen Rechten durch den Ehepartner haben Sie bereits erläutert. Werden wir jetzt konkret. Was dürfen Stiefmütter und Stiefväter? Welche Rechte haben Stiefeltern in bestimmten Situationen?

1. Können Stiefeltern den Partner beim Elternabend vertreten?

Grundsätzlich ja. Im Falle des kleinen Sorgerechtes  handelt es sich nicht einmal um eine Vertretung, da dann der Stiefelternteil direkt für das Kind handelt. In allen anderen Fällen lässt sich der Elternteil vertreten. Problematisch wird dies erst bei gemeinsamen Sorgerecht bezüglich Schulfragen. Hier stellt sich die Frage, ob der Elternteil, welcher sich vertreten lassen will, die Befugnis hat, den Stiefeltern – Teil zu bevollmächtigen, oder ob es dafür die Einwilligung des anderen sorgeberechtigten Elternteils bedarf. Ich meine, dass der Elternteil hier nur seine eigenen Rechte bei der Wahrnehmung der elterlichen Sorge delegiert. Der betreuende Elternteil delegiert sein Recht zur Wahrnehmung der Angelegenheiten des täglichen Lebens. Der andere Elternteil sein Informations- und Teilhaberecht. Hier finden Sie einen Vordruck zur sogenannten Stiefelternvollmacht.

2. Darf mein Partner das Kind vom Kindergarten abholen?

Ja und zwar unproblematisch. Wenn Sie das Kind abholen dürfen, dann darf das auch ihr Partner oder jede andere Person, die sie damit beauftragen. Das gilt auch, wenn sie das Sorgerecht nicht innehaben, aber ein Umgangsrecht haben. Anderes gilt nur, wenn durch das Gericht etwas anderes festgelegt wurde.

3. Darf mein Partner das Kind zu einem Ausflug mitnehmen?

Wenn Sie es ihm erlaubt haben – ja. Es sei denn, dass entweder der Ausflug selber so gefährlich ist, dass er eine Angelegenheit erheblicher Bedeutung ist, oder sie selbst (zum Beispiel weil es gerichtlich verboten wurde) nicht das Recht haben, das Kind auf einen Ausflug mit zu nehmen.

4. Dürfen Stiefeltern erzieherisch tätig werden? Also Grenzen setzen oder auffordern, den Tisch zu decken etc.?

Ja, unproblematisch. Stiefeltern dürfen das nur dann nicht, wenn der Ehepartner, der leibliches Elternteil ist, es selbst nicht darf, oder dieser es untersagt hat. Innerhalb ihrer eigenen Befugnisse können Eltern Rechte an ihren Partner delegieren. Der Stiefelternteil kann (soweit der bevollmächtigende Elternteil selber dies darf) auch gegenüber der Schule auftreten und z.Bsp. Entschuldigungszettel o.ä. unterschreiben, da dies Fragen des täglichen Lebens sind. Allerdings sollten Sie solche Befugnisse der Stiefeltern ausdrücklich gegenüber der Schule erklären.

5. Darf ein Stiefelternteil den Umgang untersagen? Oder bestimmen, wer beim Umgang dabei sein darf?

Nein. Das dürfen leibliche Eltern nämlich auch nicht. Auch nicht, wenn sie das Sorgerecht alleine innehaben. Das Sorgerecht beinhaltet nicht das Recht dem anderen (nicht sorgeberechtigten) Elternteil in die Gestaltung des Umganges hinein zu reden. Daher lässt sich so ein Recht auch nicht delegieren.

6. Darf ein Stiefelternteil im Notfall handeln, z.Bsp. das Kind zum Arzt bringen?

Im Notfall darf das jeder. Wenn jemand der Auffassung ist, dass ein Notfall vorliegt und daher medizinische Versorgung sichergestellt werden muss, dann darf er diese auch einleiten. Dabei ist völlig irrelevant, ob es sich um einen Elternteil oder jemanden wildfremdes handelt.

Wenn kein Notfall vorliegt können Stiefeltern das Kind zum Arzt bringen und/oder begleiten, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

– es handelt sich um Routineuntersuchungen

– es liegt das „kleine Sorgerecht“ vor oder eine Bevollmächtigung

– der bevollmächtigende Elternteil selber dürfte das Kind zum Arzt bringen

Für Elternteile, die dem Stiefelternteil eine Vollmacht erteilen möchten, hat Matthias Bergmann einen Vordruck aufgesetzt, den Sie hier finden.


Matthias Bergmann

Matthias Bergmann

Matthias Bergmann hat sich auf die Bereiche Sorgerecht und Umgangsrecht, also das Kerngebiet des Familienrechts, spezialisiert. Er kennt die zahlreichen Problematiken und weiß, dass Konflikte nach einer Trennung mit Kind immer hoch emotional sind und von betroffenen Eltern viel Kraft verlangen. Mit seiner Arbeit möchte er Trennungseltern unterstützen, Problemlösungen zu finden und eine zufriedenstellende Gesamtsituation für alle Beteiligten herzustellen. Ich danke ihm sehr für die informativen Gastartikel auf dem Stiefmutterblog. Mehr Informationen über den Rechtswanwalt Matthias Bergmann findet man hier.

Weitere Gast-Artikel von Matthias Bergmann:


Haben Sie Fragen zum Thema? Bitte E-Mail mit Stichwort „Was dürfen Stiefeltern?“ an: Stiefmutterblog@gmail.com oder einfach einen Kommentar hinterlassen.

Foto: stocksnap,

10 Kommentare
  1. Nadina
    Nadina sagte:

    Schade, dass dies alles so nach Dankbarkeit klingt. Die Stiefelter müssen dankbar sein, dass sie das Kind aus der Kita abholen dürfen. Die Eltern sollten Dankbarkeit zeigen, dass ein anderer Mensch sie unterstützt, wenn diese den Betreuungsbedarf ihres gemeinsamen Kindes nicht decken können. Prinzipiell sollten Mutter und Vater zum Arzt gehen, die Kinder abholen und so weiter. Wir Stiefeltern suchen doch in erster Linie an einem Partner und wollen gar keine Ersatz Eltern spielen . D.h. nicht, dass wir die Kinder nicht gern haben. Trotzdem macht auch eine Menge Arbeit, kostet unser Geld und unsere Zeit das Kindertaxi zu spielen.

    Antworten
    • Till
      Till sagte:

      Das muss man jetzt nicht verstehen oder?
      Nachdem ich den üblichen Weg beschreiten wollte und mit einer Frau meine eigene Familie gründen wollte, was zum Scheitern verurteilt war, weil ich als langjähriger Babysitter und Lehrer konkrete Konzepte und Bedingungen für die Kindererziehung habe und im Wesentlichen so umgesetzt wissen möchte, BEVOR das Kind überhaupt unterwegs ist, habe ich Gefallen an der Vorstellung gefunden, einer Familie, die den Kindsvater nicht mehr zur Verfügung hat (egal, ob dieser verstorben, weit oder nicht so weit weggezogen ist), als Stiefvater zur Seite zu stehen. Hier möchte ich gerade durch Abholen der Kinder, deren Begleitung zum Arzt und Mitnahme auf Ausflüge die Mutter entlasten und ihr Zeit für eigene Angelegenheiten geben.
      In meinem Fall geht das sogar so weit, dass ich die Kinder mit zu mir nehme, wenn Ausflugsziele näher zu meinem Wohnort liegen. Dass wir nicht zusammenleben, ist leider so, ist aber hier recht vorteilhaft. Dass Kinder Zeit und Geld kosten, sollte jedem klar sein, der sich auf das Projekt „Patchwork“ einlässt. Kindertaxi kann ich mangels Führerscheins leider nicht spielen.

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    • K.W
      K.W sagte:

      Guten Tag,
      Mein Mann (Vater) und seine ehemalige Freundin haben eine gemeinsame Tochter und das gemeinsame Sorgerecht. Vor 5 Jahren gab es eine Verhandlung vor dem Familiengericht um den Umgang mit der gemeinsamen Tochter zu regeln.
      Seit vorigen Jahr lebt die gemeinsame Tochter bei uns. Die Mutter gab sie mit den Worten zu uns “ Ich komme mit deiner Tochternicht mehr klar, du bist der Vater … Sie lebt ab heute bei euch.“ Einen Tag trafen beide sich beim Jugendamt und machten dies fest. Die Tochter ist seit über einem Jahr nun bei uns gemeldet und sie ist glücklich. Es war auch ihr Wunsch vor einem Jahr.
      Nun fängt die Mutter aber an unser friedliches und glückliches Familienleben zu stören, indem sie Regeln aufstellt was in unser privates Leben fällt. Was die kleine zu tragen hat zum Beispiel und droht damit sie wieder zu sich zu holen was nicht im Sinne von ihr wäre. Die kleine möchte nicht mehr zur Mutter zurück, da die Mutter nur ihr eigenes Wohl im Kopf hat und nicht im Sinne der Tochter denkt.
      Darf sie allein irgendwelche Regeln aufstellen ohne mit dem Vater zu reden? Was können wir tun, denn es ist nicht das erste Mal wo die Mutter uns förmlich das Leben zur Hölle will.

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  2. Pusteblume
    Pusteblume sagte:

    Sehr guter Beitrag,aber wie bereits an anderer Stelle erwähnt,nutzt dieses Wissen herzlich wenig, wenn sich Kita und Co an ihre Unwissenheit klammern und sich von der KM aufwiegeln lassen. 🙁
    Und nicht einmal die Richterin hat die KM darauf hingewiesen,dass sie keinerlei Bestimmungsrechte hinsichtlich der Kitaabholung hat. Im Gegenteil, es wurde der Mutter eine Vollmacht für die Oma,befristet auf ein halbes Jahr, aus dem Kreuz geleiert.Da mein Mann in der Zeit noch in Probezeit auf Arbeit ist und sich die Organisation der Abholung erschweren würde. Damit wurde aber nur die angeblich vorhandene Machtposition der Mutter bestärkt…
    Es ging in dem Verfahren zwar nicht um die Abholung, sondern um eine generelle Urlaubsplanung, aber trotzdem hätte die Richterin darauf hinweisen müssen.
    Einen sonnigen Tag noch. 🙂

    Antworten
    • Matthias Bergmann
      Matthias Bergmann sagte:

      Danke.
      Das problem der Durchsetzbarkeit ist in der Tat groß. Allerdings wird ein Gericht auch ein einem Umgangsverfahren Aspekte wie die Frage der Abholung nur problematisieren, wenn dies durch die Parteien oder Anwälte auch getan wird.
      Möglich ist eine rechtliche Geltendmachung durch Ordnungsgeldanträge. Wenn die Übergabe an eine ordnungsgemäß bevollmächtigte Person nicht durchgeführt wird, so ist das ein Verstoß gegen die Umgangsregelung. Allerdings braucht auch das einen hartnäckigen und durchsetzungsbewussten Anwalt, denn leider mögen die Familiengerichte solche Anträge oft nicht sehr.

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  3. Susanne Petermann
    Susanne Petermann sagte:

    Super, wenn das so gut klappt. Vielen Stiefmüttern werden da große Steine von Kitas und Schulen in den Weg gelegt.

    Antworten
  4. M.
    M. sagte:

    Mein Mann geht schon lange zu den Elternabenden meiner Kinder, weil das einfach für uns besser zu organisieren ist wegen der Uhrzeit abends. Die Schule kennt nur ihn als anderen Elternteil, obwohl er nur der Stiefvater ist. Aber er weiß nun mal besser bescheid als der leibliche Vater.
    Er geht auch zum Arzt mit ihnen, da hat noch nie einer gefragt, ob er eine Vollmacht hat oder nicht.

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    • Nicole
      Nicole sagte:

      das finde ich auch gut so; bei uns ist das ganz genau so…..vor kurzem hatten meine Tochter und auch mein Sohn (zwei unterschiedliche Schulen) am selben Tag Elternabend; mein Partner ist zu meinem Sohn auf den Elternabend gegangen; (der Lehrer kannte ihn schon; und es war mit dem Lehrer abgesprochen) und ich war bei der kleinen; die hatte gleich zwei!! neue Klassenlehrer bekommen, da war es uns so am sichersten; meinen Ex Mann interressiert es gar nicht welche Termine anfallen. Er geht auch nicht arbeiten und zahlt somit keinen Unterhalt; sagt sogar zu mir weil ich eine Umschulung zum Busfahrer mache; das ich schön blöd wäre sowas zu machen. Aber ich mache das damit ich meinen Kindern was bieten kann ……. und das wir nicht auf jeden blöden cent schauen müssen; denn Kinder kosten einiges an Geld….

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  1. […] schon aufgeführt, wie man zu Lebzeiten durch Vollmachten vorsorgen kann. Hier zum Beispiel, oder hier. Auch wenn diese Vollmachten nicht zwingend rechtlich wirksam sind, dokumentieren sie doch den […]

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