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Die Mini-Wife

Kennen Sie das Mini-Wife Syndrom?
Es hat doch alles so gut angefangen. Frau hat einen tollen Mann kennengelernt, die Luft knistert, man versteht sich und ist schliesslich verliebt. Dass der Mann bereits eine Tochter aus erster Ehe hat, sollte kein Problem sein, schliesslich ist man aufgeschlossen und vielleicht sogar grundsätzlich kinderlieb.

 

Und dann kommt der Tag, an dem man das Mädchen kennenlernt und ist zunächst begeistert. Selbstständig, fürsorglich und bereits sehr erwachsen wirkt das Mädchen, egal wie alt sie eigentlich ist. Immer wieder geht ihr Blick zum Papa, stets vergewissert sie sich, dass es ihm gut geht. Wie herzig!

 

Ich gebe zu, liebe Community, mir war der Begriff des Mini-Wife-Syndroms gänzlich unbekannt. Durch unser Forum im Stiefmutterblog weiss ich allerdings, dass es häufiger vorkommt, als man denken könnte und die Stiefmütter, die eine Mini-Wife abbekommen haben, sind äusserst verzweifelt, da ihnen das Phänomen häufig auch unbekannt ist und sie das Gefühl haben, irgendetwas ist hier verdammt seltsam und sie nicht wissen, was.

 

Denn oft geht die obige Geschichte nämlich so weiter:

Was man zunächst herzig und fürsorglich fand, fühlt sich zunehmender weise komisch und übertrieben an. Das Kind übernimmt häufig organisatorische Aufgaben, die überhaupt nicht altersgerecht sind, es spricht wie ein Erwachsener, mischt sich altklug in jedes Gespräch ein, erteilt Ratschläge und kuschelt sich provozierend lasziv an Papi.

 

Und die Stiefmutter versteht zunächst die Welt nicht mehr, versucht das Kind gerade wirklich in Konkurrenz zu mir zu treten? Hat sie den Papi gerade auf den Mund geküsst und dann kurz provozierend zu mir rüber geschaut?

Bildet man sich das alles ein? Ist hier etwas faul? Was ist das? Warum fühlt sich das komisch an?

 

Vielleicht, liebe Stiefmütter, haben sie es gerade mit einer waschechten Mini-Wife zu tun! Das trifft auf Kinder zu, die zu lange als Partnerersatz fungiert haben und so schleichend in die Rolle der Partnerin, statt die der Tochter gerutscht sind. Und nur um es glasklar festzuhalten, das Phänomen hat nichts mit Pädophilie zu tun, es geht rein um die Ebene der Interaktion. Diese Mädchen (trifft deutlich häufiger auf Töchter zu) wurden auf die Verantwortungsebene der Partnerin gehoben. Und zwar durch die Trennungsväter. Sie tragen eine so grosse Verantwortung, dass es eine schlimme Bürde für diese Kinder ist.

 

Die Mini-Wife entscheidet alles mit, was gekocht wird, welches Auto Papi kauft, wohin es in den Urlaub geht, einfach überall darf (und muss) sie mitentscheiden. Irgendwann manifestiert sich dieses Verhalten und das Kind tritt dauerhaft aus der Kinderrolle aus und agiert vermeintlich wie ein Erwachsener. Das beansprucht die Mini-Wife allerdings dann allerdings auch weiterhin sehr vehement für sich. Der Vater ist der wichtigste Mann in ihrem Leben und sie verteidigt «ihr Revier» wie eine Geliebte. Eine Mini-Wife wird immer versuchen, die neue Partnerin an der Seite ihres Vaters wegzudrängen.

 

Während ich Steifmüttern im PW allegemein eher dazu rate, sich rauszunehmen, ist dies ein besonderer Fall, wo man anders agieren muss. Wie bei jedem Problem ist allerdings auch hier erstmal der Vater der Schlüssel zur Lösung des Problems. Der muss überhaupt erstmal verstehen, dass er durch sein Verhalten ein Problem geschaffen hat und dem Kind auch wirklich keinen Gefallen damit tut. Mini-Wifes stehen immer extrem unter Stress, weil sie völlig überfordert mit den ganzen Entscheidungen sind.

Nur wenn der Vater versteht, dass man dem Kind helfen muss, wieder auf die Kinderebene zu kommen, kann man das Problem angehen.

 

Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, muss man als Paar ein Team bilden, um die Balance wieder herzustellen, was ein extrem steiniger Weg ist. Entscheidungen müssen wieder weg vom Kind, hin zu den Erwachsenen. Die Stiefmutter sollte in diesem Fall extreme Präsenz zeigen und gemeinsam mit dem Partner schon fast Mantra artig das Kind in die Kinderrolle schieben. Es sollte sehr transparent kommuniziert werden, was «Kinderentscheidungen» sind und was nicht.

 

«Du darfst uns mitteilen, ob Du dir lieber Meer oder Berge wünschst, aber wir werden entscheiden, was wir konkret machen, weil wir als Erwachsene da mehr Erfahrung haben und auch die Kosten besser im Blick behalten»

 

«Es ist einfach nicht deine Entscheidung, ob wir ein weiteres Baby bekommen wollen oder nicht»

 

«Das ist etwas für Liebespaare und nicht für Kinder» (bei all zu intimen Küssen oder Berührungen)

 

Eine Mini-Wife wieder in die Rolle des Kindes zu bringen, ist harte Arbeit, aber machbar.

 

Ich freue mich, wenn ihr hier in den Kommentaren Eure Erfahrungen teil und lade jede Stiefmutter bei der Gelegenheit dazu ein, sich in unserem sehr aktiven Forum mit anderen Stiefmüttern auszutauschen.

Skitter Photo, Stocksnap

Es gibt Stiefmütter, die fühlen sich auf seltsame Weise ausgeschlossen, wenn ihr Mann und ihre Stieftochter zusammen sind. Oft schämen sie sich für ihre Gedanken, halten sich selbst für übersteigert oder hysterisch, weil sich ihnen das Gefühl aufdrängt, es hier eher mit einer „Geliebten“ als mit einem Kind zu tun zu haben. Sie haben es mit einer Mini-Wife an Papas Seite zu tun. Weiterlesen