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Vom Umgang mit Bürgern und warum die SPD mich schwer enttäuscht hat

Susanne Mittag

Kennen Sie das Gefühl, wenn aus Freude innerhalb weniger Tage Enttäuschung wird und Sie sich verschaukelt fühlen? Ich hatte Susanne Mittag, die SPD Bundestagsabgeordnete die für meinen Wahlkreis zuständig ist, angeschrieben, und um einen persönlichen Termin gebeten. Ich wollte mit ihr über die Problematik der zweiten Familien sprechen. Auf ihrer Internetseite hatte sie eigens dazu angeregt.

„Um den Wahlkreis gut in Berlin vertreten zu können, ist es besonders wichtig Fragen und Anregungen für die parlamentarische Arbeit im Deutschen Bundestag zu erhalten. Sprechen oder rufen Sie mich an, schreiben Sie mir einen Brief oder eine Email.“

Nun muss ich dazu sagen, dass Gespräche oder Treffen mit Politikern für mich kein großartiges Neuland sind. Ich habe mit Gerhard Schröder (SPD, während seiner Zeit als Bundeskanzler) und Dr. Angela Merkel (CDU, vor ihrer Zeit als Bundeskanzlerin) als Journalistin gesprochen. Mit Guido Westerwelle (FDP)  habe ich einen Abend gekocht (während der Veranstaltung meiner Firma T.R.I. Media zugunsten der Deutschen Aidshilfe), mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Eberhard Diepgen (CDU)  war ich im Theater (bei meiner Arbeit für das Berliner Schillertheater) mit seinem Nachfolger  Klaus Wowereit (SPD) habe ich die Aktion „Mein Meister ist ein Star“  geplant und durchgeführt und bei Lothar Späth (CDU) war ich in seiner Zeit als Ministerpräsident von Baden-Württemberg in seinem Privathaus zu Gast. Alle Termine wurden durch die jeweiligen Büros koordiniert und vorbereitet.

So war es für mich relativ normal, Kontakt mit dem Büro von Susanne Mittag aufzunehmen, um ihr meine Ideen vorzustellen. Am 7.März 2015 schrieb ich ihr eine E-Mail: „Die Situation (….) ist in Deutschland, gelinde gesagt, eine Katastrophe. Es gibt keinerlei Stellen, die Unterstützung anbieten. Selbst Jugendämter fühlen sich nur für leibliche Eltern, nicht für Stiefeltern zuständig. Ein Zustand, unter dem viele Stiefmütter extrem leiden. Sie wünschen sich mehr Unterstützung bei Behörden und Ämtern. Andere Länder sind da weiter, bieten Anlaufstellen für Stiefeltern – zur Beratung und in Problemsituationen.

Mittag Brief

Mail an die SPD Bundestagsabgeordnete  Mittag

Gerne würde ich mich mit Ihnen treffen und erörtern, inwiefern Sie, Ihre Partei oder die Politik im Allgemeinen, etwas an der stiefmütterlichen Position der Stiefmütter ändern können.

Zwei Wochen später, am 18. März fuhren mein Mann und ich im Auto Richtung Heimat als mein Telefon klingelte. Dank Freisprechanlage konnte ich den Anruf von Herrn Deniz Kurku aus dem Wahlkreisbüro von Susanne Mittag entgegen nehmen. Herr Kurku war sehr freundlich, sagte, Frau Mittag würde das Thema interessant finden und sich gerne mit mir treffen. Ob wir gleich einen Termin in ca. zwei Wochen vereinbaren wollten. Ich sagte ihm, dass ich gerade Auto fahren würde, daher keinen Einblick in meinen Kalender hätte und ob ich ihn nach meiner Rückkehr zurück rufen könnte.

Am nächsten Tag telefonierten wir. Da noch nicht klar war, ob das Treffen in Frau Mittags Wahlkreis oder in Berlin stattfinden sollte, vertagten wir auf Montag, da die Termine in Berlin nicht von ihm sondern von Frau Irmela Körner koordiniert würden und er jetzt in den Urlaub ginge.

Bis zu diesem Zeitpunkt verlief mein Kontakt zum Büro von Frau Mittag wie ich es aus meinem Berufsleben als Journalistin oder Repräsentantin eines Unternehmens kenne. Auf Augenhöhe, mit Respekt und einem gegenseitigen Interesse am Anliegen.

Als normale Bürgerin, sozusagen die „Frau von der Straße“, zudem noch mit dem Anliegen „Zweite Familie“ lernte ich wenig später aber eine andere, enttäuschende Gangart der Politik kennen. Am Montag kam statt einer Terminvereinbarung eine Mail von … ja von wem eigentlich?

Absender Susanne Mittag

Unbekannter Absender der E-Mail aus dem Büro der Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag

Der fehlende Absender passte zur …räusper… grenzwertigen Anrede als „Sehr geehrter Frau Petermann“. Textbausteine können wirklich tückisch sein 🙂

Ups, der männliche Textbaustein passt so gar nicht zur Stiefmutter. Oder?

Ups, bei Stiefmüttern kann man das Geschlecht eben schwer zuordnen. Oder?

Ich bin ja sonst kein Pingelmors, aber was mich an der E-Mail eigentlich störte, war das Gefühl, verar…t worden zu sein.

„Die Familienpolitik der SPD sorgt nicht nur für ausreichende finanzielle Mittel, sondern auch für eine gute Infrastruktur, die dabei hilft, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder der Pflege von Angehörigen gelingt. Außerdem fördern und unterstützen wir die partnerschaftliche Aufteilung der Arbeit in der Familie. Bei all diesen Themen haben sicherlich auch die sogenannten Stiefmütter ein Wörtchen mitzureden.“

Soso, die „sogenannten Stiefmütter“ haben also ein „Wörtchen mitzureden“. Und die Familienpolitik der SPD unterstützt die partnerschaftliche Aufteilung der Arbeit in der Familie? Prima. Theoretisch. Praktisch wird diese Aufteilung zum Beispiel bei der Elternzeit schwierig, wenn Papa Unterhalt zahlen muss. Interessiert man sich in der SPD sich nicht für diese Problematik oder haben sie davon gar keine Ahnung?

Antwort Mittag

Antwort aus dem Büro der Bundestagsabgeordneten Mittag

Die E-Mail sprach für mich jedenfalls von kompletten Desinteresse am Thema. Und der Absatz „Doch welche Rechte diese (Stiefmütter. Anmerkung d.R.) gegenüber den Kindern des Partners haben, das sind in erster Linie privatrechtliche Vereinbarungen zwischen den Paaren (…) „ empfand ich als Ohrfeige. Es ging doch nicht um „Rechte gegenüber den Kindern“ sondern um eine Beratungs-und Informationsstelle für Stiefeltern. Und wer sich etwas mit hochstrittigen Trennungen beschäftigt weiß, dass es eben keine privaten Vereinbarungen mehr gibt.

Nun ist mein Mann der ruhende und ausgleichende Pol in unserer Beziehung. Er hatte mein Telefonat mit Herrn Kurku im Auto mitangehört, und meinte, es würde sich bestimmt um ein Missverständnis handeln. Schließlich hätten ja schon konkrete Termine für ein Treffen im Raum gestanden. Ich schrieb also eine freundliche Mail zurück.

 E-Mail an Frau Mittag

Zweite E-Mail an Frau Mittag

„Sehr geehrte Frau Mittag,
haben Sie vielen Dank für Ihre Mail.
Deniz Kurku aus dem Büro in Delmenhorst hatte mich bereits angerufen und gesagt, dass Sie gerne Anfang April einen Termin mit mir vereinbaren würden.
Da ich denke, Ihr Terminplan ist gefüllter als meiner, würde ich mich über Terminvorschläge Ihrerseits freuen. (…)“.

zweite Anwort Mittag

Antwort von Frau Körner aus dem Büro Mittag

Die Hoffnung auf ein Missverständnis hatte sich binnen weniger Minuten erledigt. Immerhin kam die Absage – verbunden mit der Aufforderung doch im Sommer zu einer Wahlveranstaltung von Frau Mittag zu kommen – dieses Mal mit Unterschrift.

Liebe SPD, ich glaube nicht, dass ich mit Frau Mittag nach einer Veranstaltung, womöglich noch im Bierzelt, über die Problematik der zweiten Familien sprechen möchte. Ich persönlich halte dieses Thema für wichtig genug, dass ein Politiker mit mehr als einem halben Ohr zuhört.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich halte mich nicht für unendlich wichtig. Hätte mir das Büro von Frau Mittag gleich abgesagt, wäre das kein Problem gewesen. Auch das hatte ich als Journalistin oft erlebt. Was mich entsetzt, ist die mangelnde Augenhöhe, der Unterschied, den man beim „normalen Bürger/Wähler“ im Gegensatz zum publicityträchtigen Interview oder kamerabegleiteten Event anlegt.

Ich bin den Weg gegangen, der in unserem Land vorgesehen ist wenn man ein Thema in die Politik und den Bundestag bringen möchte. Ich habe den für mich zuständigen Abgeordneten angeschrieben. Ich hatte bereits Themen für das Gespräch zusammengestellt und bei Betroffenen um Fallgeschichten gebeten, um die Problematik greifbar zu machen. Ich habe den Termin also ernst genommen. Im Gegensatz zu meiner „Volksvertreterin“.

Ist die SPD, die Partei die das Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit der Ministerin Manuela Schwesig inne hat, wirklich desinteressiert am Bürger und an der Problematik zweiter Familien? Hat nur Frau Mittag kein Interesse? Oder habe ich ein Brett vor dem Kopf und alles war korrekt und super so, wie es jetzt lief?

Was denken Sie?

P.S. Falls unter den Lesern ein Politiker ist, der das Thema interessant genug für ein persönliches Gespräch findet: Ich bin sehr gerne bereit zu Ihnen zu kommen und fahre dafür auch durch die Republik. Mir liegt das Thema „Beratungs- und Anlaufstellen für zweite Familien“ nämlich ehrlich am Herzen. Melden Sie sich! Entweder hier im Blog, auf Twitter unter @stiefmutterblog, auf meiner Facebookseite „Susanne Petermann“ oder per E-Mail unter kontakt@stiefmutterblog.com. Ich würde mich wirklich freuen.

P.P.S. Auch Kanzlerin Merkel ist Stiefmutter.

Ihre Susanne vom Stiefmutterblog

9 Kommentare
  1. Thorsten Loose
    Thorsten Loose sagte:

    Ich bin Freizeitpolitiker, das heisst ich verwende meine knappe Freizeit für Politische Ziele. Allerdings nur auf kommunaler Ebene.
    Ich war Stiefvater und bin jetzt entsorgter Vater und Stiefvater.

    Es gibt nach meinem Empfinden ausschliesslich hilfe für MÜTTER IN NOT.
    Keine für Väter Stiefeltern und andere Betroffene in einem Trennungsfall. Nicht mal wirklich für die Kinder. es gibt ein „Ministerium für Frauen, Familie & sonstiges.“ aber Männer kommen nicht vor. Männer werden als Menschen x-ter Kategorie abgetan, Stiefeltern und -geschwister kommen nicht vor.

    Wenn man aber die hohen Damen und Herren hört, ist doch alles gut!.
    Kurze frage am Rande: wieviele getrennt lebende Väter sehen ihre kinder nicht mehr, weil die Mütter es so wollen und wievile wirklich aus eigenem Antrieb.
    Und wie oft begehen Väter wegen der Situation mit ihren entzogenen Kindern Suizid. ich persönlich tippe auf einen Fall pro woche… Mindestens.

    Antworten
  2. Manuel
    Manuel sagte:

    Derartige abgehobene Verhaltensweisen sind der Grund weshalb ich seit Jahren kein Wahllokal mehr betreten habe um meine Stimme für einen dieser sogenannten „Volksvertreter“ abzugeben.
    Weiterhin sollte ich vlt noch erwähnen, dass ich ein ganz ähnliches Antwortverhalten seitens meines lokalen „Vertreters“ hatte als ich diesen seinerzeit auf diverse familienrechtliche Unzulänglichkeiten angesprochen hatte.

    PS:
    Ich lese Ihr Blog übrigens auch als Mann, Vater und Stiefvater sehr gerne.

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Vielen Dank für das Kompliment. Ich muss Frau Mittag übrigens in Schutz nehmen. Ihr Büro hat gestern bei mir angerufen. Wir haben jetzt einen Termin Ende April miteinander vereinbart. Ob der Blogbeitrag geholfen hat? Wer weiß 🙂 Ich werde berichten, was bei dem Termin heraus gekommen ist.
      Liebe Grüße, Susanne

      Antworten
    • Volker
      Volker sagte:

      Was erwartet Ihr eigentlich von der Politik??
      Etwa Wunder?? So geht das doch nicht.
      Wenn es schon in einer Familei zu Problemen kommt, kann die Politik schon kaum helfen,
      Die elterliche Sorge haben nur leibl. Vater und leibl. Mutter bzw. Adipriveltern und zur Not Vater Staat.

      Die Politik kann eben nicht alles regeln, sondern nur einen kleinen Teil. Das meiste müssen wir eben selber regeln und umsetzen.
      Ohne jetzt zu wissen, was Du für ein Problem hast.
      Gruß

      Antworten
  3. Markus Witt
    Markus Witt sagte:

    Liebe Fr. Petermann,

    ich habe solche oder ähnliche Erlebnisse in den letzten Monaten bei mehreren Abgeordneten der SPD erlebt, wenn es um das Thema Familienrecht- und Politik nach einer Trennung handelt. Selbst benannte Berichterstatter für ein Thema wollten nicht mit dem Thema beschäftigen und bei deren Refferenten merkte man, dass ihnen jegliches Basiswissen dazu fehlt. Wenn aber nicht einmal die Berichterstatter etwas darüber wissen, was sollen sie denn ihren Fraktionen berichten?

    Trennungsfamilien sind in der SPD entweder nicht existent oder nicht wichtig, so zumindest mein Eindruck.

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