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Lieber Heiko Maas – Wo bleibt die Gleichberechtigung für den engagierten Vater?

Alle sind sich einig: Väter sollen sich mehr in die Erziehung einbringen. Prinzipiell sind sich auch alle einig, dass jeder Mensch gleichberechtigt ist. Aber die Realität zeigt leider, dass manche Menschen berechtigter sind und manche Menschen eierlegenden Wollmilchsäuen gleichen sollen. Ich bekam einen Brief eines vorbildlich engagierten Vaters, der einige Fragen an den Bundesminister der Justiz hat. Lieber Heiko Maas, ich schließe mich diesem Vater an und frage Sie: Wo bleibt eigentlich die Gleichberechtigung für den engagierten Vater?

Brief an den Bundesminister der Justiz

Sehr geehrter Herr Minister Maas,

ich wende mich an Sie, weil ich Leidtragender einer unfairen Gerichtsentscheidung bin und bitte Sie um Unterstützung. In der Broschüre „Das Eherecht“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Kapitel 4 beginnend mit der Seite 39, steht geschrieben, dass „eine geschiedene Person für ihren Lebensunterhalt nun stärker eigenverantwortlich ist“.  Als verantwortungsvoller Vater zweier Kinder, der sich engagiert um das Wohl dieser kümmert und für sie sorgt, werde ich seitens der Justiz in eine Schublade gesteckt, als wäre ich ein „14-Tage-Besuchs-Papa“. In der Realität betreue ich meine Kinder im sogenannten „Asymetrischen Wechselmodell 40/60“. Ich arbeite Vollzeit.

Ich bin ein enagierter Vater

Das bedeutet, dass ich in den Wochen, in denen meine Kinder bei mir sind, nur vormittags arbeite, sie dann aus der Schule und dem Kindergarten hole, wir gemeinsam zu Mittag essen und anschließend Hausaufgaben zusammen erledigen. Den hieraus resultierenden Differenzzeiten komme ich dahingehend nach, indem ich in den Wochen, in denen meine Kinder bei meiner Exfrau sind, entsprechend Mehrarbeit leiste.

Meine Exfrau hingegen darf nach bestehendem Gerichtsurteil maximal 25 Stunden pro Woche arbeiten, obwohl ich ihr die Hälfte der Betreuung abnehme.

[bctt tweet=“#HeikoMaas Dieser engagierte Vater wartet auf Ihre Antwort: Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?“]

Ich hatte im Sommer 2015 beantragt, den nachehelichen Unterhalt an meine Exfrau zu befristen. (Dieses Recht wurde mir im Rahmen des Scheidungsurteils eingeräumt). Ich nehme meiner Exfrau seit jeher monatlich die Hälfte der Kinderbetreuung unserer beiden gemeinsamen Mädchen ab. Die Kinder sind inzwischen 6 und fast 8 Jahre alt. Könne man der Kindesmutter nun nicht zumuten, für ihren eigenen Lebensunterhalt selbst zu sorgen?

Lange Rede, kurzer Sinn: Mein Antrag beim Amtsgericht Rottenburg wurde abgelehnt. Eine plausible Erklärung möchte man mir nicht geben; lediglich eine telefonische Aussage der Richterin gegenüber meinem Anwalt: „Wir als Richter sind gefordert, in Hessen, Bayern und Baden Württemberg einheitliche Regelungen zu schaffen. Der Mann hat keine Chance. Er muss noch weiterhin nachehelichen Unterhalt an seine Exfrau bezahlen. Es interessiert uns nicht, dass der Mann sich an der Kinderbetreuung beteiligt. Punkt. Es wäre besser, der Antrag bei Gericht wird zurückgezogen.“

Gleichberechtigung? Nein, eierlegende Wollmilchsau

Die Rechnung sieht für mich folgendermaßen aus:  Ich bezahle Kindesunterhalt nach Düsseldorfer Tabelle, alle Kindergarten- und Schulgebühren, den nachehelichen Unterhalt an meine Exfrau. Ich betreue die Kinder hälftig, habe also ebenso wie die Kindesmutter Ausgaben für Lebensmittel, Kleidung, Heizung, Wasser, Benzin, Freizeitaktivitäten usw. Das staatliche Kindergeld hingegen für beide Mädchen erhält in voller Höhe die Kindesmutter.

Wenn das persönliche Engagement und der immense Aufwand eines Kindesvaters -finanzieller wie zeitlicher Natur – nicht gewürdigt wird und nach dem neuen Scheidungsrecht geltende Richtlinien keine Beachtung finden, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir rückwärts statt vorwärts gehen. Wenn die Beteiligung an der Betreuung gemeinsamer Kinder unterm Strich einen Kindesvater teurer zu stehen kommt als das sog. „14-tägige-großzügige-Besuchsrecht“ fragt man sich mit Recht nach der Sinnhaftigkeit am Bestehen solcher Modelle.

Chronik der Ereignisse:

  • Räumliche Trennung der Eheleute im Herbst 2011; die Kinder sind damals 2 und 3 Jahre alt.
  • Meine Exfrau bewohnt damals weiterhin das zu diesem Zeitpunkt noch im gemeinschaftlichen Eigentum befindliche Einfamilienhaus; ich ziehe in die Dachwohnung meiner Eltern in der Nachbarschaft.
  • Bereits zu diesem Zeitpunkt wird das sog. „Wechselmodell“ vereinbart; d.h. die Kinder wohnen abwechselnd eine Woche bei Mama und eine Woche bei Papa. Ich genieße bei meinem Arbeitgeber hohe Flexibilität, weiterhin vollschichtig arbeiten und zwei-wöchentlich meine Kinder betreuen zu können.
  • Meine Exfrau streitet im Jahr 2012 um das alleinige Sorgerecht der Kinder.
  • Dezember 2012: Das Amtsgericht Böblingen erteilt mir das 100%-ige Sorgerecht für die Mädchen.
  • Einspruch gegen das Urteil durch die Kindesmutter.
  • Februar 2013: Meine Exfrau zieht aus dem noch im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Einfamilienhaus, in dem sie seit der Trennung mietfrei wohnt, aus. Alle Kosten (Zins und Tilgung für die Hausfinanzierung, Strom- Wasser- Heizungskosten) trage nach wie vor ich alleine.
  • April 2013: Verhandlung vor dem OLG in Stuttgart mit Beschluß: asymmetrisches Wechselmodell; die Kinder sind zu 60% bei der Mutter und zu 40% beim Vater. Die Obhut bekommt die Kindesmutter zugesprochen.
  • Juli 2013: Scheidung vor dem AG Böblingen. Meine Exfrau erhält Zugewinnausgleich. Gleichzeitig wird mir das Recht zur Befristung des nachehelichen Unterhaltes an meine Exfrau eingeräumt.
  • Sommer 2015: Nachdem keine einvernehmliche Lösung zum nachehelichen Unterhalt zwischen den geschiedenen Parteien erzielt werden kann, stelle ich vor Gericht den Antrag zur Befristung dieses Ehegattenunterhaltes. Mein Jurist ist bester Dinge; ich sei schließlich nach dem neuen Scheidungsrecht bereits über der dort verankerten Zeit meiner Verpflichtung für den Ehegattenunterhalt stets pünktlich nachgekommen. Für ihn bestand nie der geringste Zweifel, dass ich zu dem jetzigen Zeitpunkt die Zahlungen an meine Exfrau einstellen oder zumindest drastisch reduzieren kann. Wohl gemerkt, es geht nicht um den Kindesunterhalt; dieser steht hier nicht zur Diskussion. Es geht ausschließlich um den nachehelichen Unterhalt an meine Exfrau.

[bctt tweet=“Dieser Vater trägt 50% der Kinderbetreuung UND 150% der Kosten. Ist das gerecht? #HeikoMaas“]

Geht es hier noch um das Kindeswohl?

Das Vorgehen seitens des Gerichtes stimmt fassungslos und nimmt mir wirklich den Glauben an die Gleichberechtigung und die Gerechtigkeit unseres Rechtssystems. Die Entscheidung des Gerichtes hat meines Erachtens in meinem Fall doch einen sehr finanziell-lastigen Hintergrund. Geht es hier noch um das Kindeswohl? Wenn es für mich künftig (auch aufgrund neuerlicher zusätzlicher finanzieller Forderungen meiner Exfrau) immer schwieriger wird, die monatlichen Forderungen beizubringen, sehe ich mich, schweren Herzens, gezwungen, das bestehende Wechselmodell aufzulösen.

Sehr geehrter Bundesminister der Justiz Heiko Maas, zu welcher Vorgehensweise raten Sie mir? Für eine kurze Rückmeldung bedanke ich mich im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen,

ein engagierter Vater

Name und Anschrift des engagierten Vaters sind mir bekannt. Auf Wunsch stelle ich gerne einen Kontakt her. Leider hat er bisher noch keine Antwort von Heiko Maas erhalten. Für eine Weiterleitung dieses Briefes ist er daher dankbar. Dieser Beitrag darf gerne geteilt werden. Bitte E-Mail mit Stichwort „engagierter Vater“ an: Stiefmutterblog@gmail.com oder einfach einen Kommentar hinterlassen.

In eigener Sache: Ich weise darauf hin, dass der Stiefmutterblog kein juristisches oder medizinisches Forum ist. Ratschläge, die hier gegeben werden, sollten ggf. von Ihrem Familienanwalt oder Arzt geprüft werden. Ich übernehme keine Haftung für die Ratschläge oder Links, auch nicht  in den Kommentaren, freue mich aber sehr über die vielen guten Tipps, die hier gegeben werden.

Foto: Stocksnap, Louis Lierena

6 Kommentare
  1. Tanja
    Tanja sagte:

    Lieber Lutz!
    Wir können dich verstehen! Bei uns ist es ähnlich aber es geht um den Kindesunterhalt den die Mutter zahlen muß aber auch nicht tut. Laut OLG Köln braucht sie sich keinen Nebenjob zu suchen um den vollen Unterhalt zu zahlen. Laut Gericht 114€ für ein 8jähriges Mädchen. Das kann man der Mutter nicht zumuten. Die Mutter arbeitet garnicht aber ist wahrscheinlich auch ok.
    Versuche es weiter. Wir drücken dir die Daumen!

    Antworten
  2. Martin
    Martin sagte:

    Liebe engagierte Väter,
    Geehrte engagierte Mütter,

    Was ich hier lese begreife ich kaum. Ich hätte nicht gedacht, dass es in unserer Zeit, in der jeder Fall separat behandelt wird, derart differiert.

    Meine Empfehlung: Geld zurück halten. Und das nach dem Gerechtigkeitsempfinden des Gegenüber. Erst wenn es weh tut kommt es zu einem genauer Beäugen der Situation im Einzelfall.
    Wenn es ohnehin nur mit dem Rechtsweg zu klären ist, warum nicht aus der anderen Position?

    Im schlimmsten Fall muss man nachzahlen. Zinsfrei!
    Gruß Martin

    Antworten
  3. Kriesten,Jana
    Kriesten,Jana sagte:

    Hallo Lutz,auch mein Stiefsohn lebt bei uns.also bei Papa.Unterhalt,was ist das?die Mutter verdient zumindest genug um wenigstens einen Teil zu tragen,aber nichts kommt.Nun nach 4 Jahren hat es das Jugendamt endlich geschafft dem Kind einen Beistand zu bringen,die Sache geht vor Gericht,der Papa darf das aber zahlen.Hoffe so bekommen wir wenigstens endlich einen Titel.Mütter werden anders behandelt als Väter,auch echte Rabenmütter.Die Erfahrung habe ich gemacht.L.G.Jana

    Antworten
  4. Sue
    Sue sagte:

    Lieber engagierter Vater….

    Hut ab für deinen Einsatz…
    Immer wenn ich solch einen Beitrag lesen, denn denke ich bis zum neuen Anwaltsschreiben von der KIMU wie gut es uns doch geht.
    Aber in Wahrheit geht es engagierten Vätern und Vizemoms selten gut. Zumindest dann nicht, wenn die KIMU das Gefühl hat sie wäre die Leidtragende.

    Wir kämpfen seit 4.5J immer noch um eine rechtskräftige Entscheidung zum Thema Mehrbedarf und Unterhalt. Bis dato mussten wir jede Lebensentscheidung(Umzug,Jobwechsel usw.) erläutern.
    Da kommt nie Ruhe und Frieden rein aber langsam fällt es leichter es an einem abgleiten zu lassen.

    Ich wünsche Dir viel Glück, dass das melken deines Geldbeutel irgendwann weniger wird.

    Antworten
  5. Lutz Bierend
    Lutz Bierend sagte:

    Das ist ja noch schlimmer als bei mir. als ich noch das Wechselmodell praktiziert habe. Ich habe alle habe ich alle Fixkosten der Kinder getragen, die halbe Zeit der Kindesbetreiung übernommen (tendenziell 50%+ denn wenn die Kind mal außerplanmäßig beim anderen Elternteil geschlafen haben war das bei mir. und meine ex-Frau hielt es für unzumutbar, mehr als 20 stunden zu arbeiten. Dafür habe ich ihr dann noch zusätzlich etwas Unterhalt gezahlt, damit es wenn die Kinder bei ihr waren icht ganz so knapp war.

    Nachdem die Kinder komplett zu mir gezogen sind, gab es natürlich keinen Unterhalt. Die Mutter bekam ein neues Kind, womit gesteigerte Erwerbsobliegenheit natürlich für wenigstens drei Jahre wegfällt.

    Jedesmal wenn ich einen Artikel lesen, dass Väter ja solche Drückeberger seien, und keinen Unterhalt zahlen, frage iich mich, wo mal über die Unerhaltsmoral der Mütter berichtet wird. Ich kenne zu mindestens keinen alleinerziehenden Vater, der angemessenen Unterhalt das Düsseldorfer tabelle bekommt.

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Lieber Lutz, es sind wenige, aber immerhin zwei Mütter die ich kenne, die Unterhalt in voller Höhe zahlen. Liebe Grüße, Susanne

      Antworten

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