Wechselmodell in zwei Städten

Wechselmodell. Foto: Stocksnap, Olu Eletu

Rieke ist seit fast fünf Jahren mit ihrem Mann zusammen, seit zwei Jahren ist sie verheiratet. Ihr Stiefkind wird in einem Monat fünf. Ja, wir alle können rechnen, die Kleine hat nie mit Mama und Papa gemeinsam gelebt, Rieke lernte ihren Mann kennen, als die Kleine gerade auf die Welt gekommen war. Heute leben sie im Wechselmodell – allerdings ist es ein Wechselmodell in zwei Städten.

Wechselmodell in zwei Städten

Wahrscheinlich hatten sich alle Beteiligten ihr Leben ursprünglich anders vorgestellt, aber wie heißt es doch so schön: Wer Gott zum Lachen bringen will, erzählt ihm von seinen Lebensplänen. Oder auch: Denn erstens kommt es anders und zweitens als du denkst. Mich interessieren also ganz andere Fragen. Wie gehen alle Beteiligten heute mit der Situation um? Wie wollen sie die Zukunft gestalten? Ich danke der Wechselmodell-Vizemutter Rieke dafür, dass sie mir ihre Geschichte so offen erzählt hat.

„Unser Weg war von Anfang an sehr steinig. Die Ex konnte mich nicht leiden und hat darum das erste Jahr den Umgang zwischen mir und dem Kind fast vollständig unterbunden. Sie ist dafür sogar ein dreiviertel Jahr untergetaucht und hat meinen Mann erpresst, dass er seine Tochter nur zu sehen bekommt, wenn es mich nicht mehr gibt. Sie unterstellte mir auch, nur mit ihm zusammen zu sein, da ich selber keine Kinder bekommen kann.

Erst als irgendwann ein neuer Mann in ihr Leben trat, normalisierte sich alles etwas. Ab da erweiterte sich der Umgang auch immer mehr. Von anfangs jedes zweite Wochenende, zu „zwei Wochenenden bei uns – eins bei ihr“, zu „jedes Wochenende bei Papa“, bis er schließlich, vor über einem Jahr, zum Wechselmodell in zwei Städten hochgefahren wurde. Sehr oft war die Kleine sogar mehr bei uns als bei ihr. Mein Mann hat trotzdem den vollen Unterhalt an sie gezahlt, da er Angst hatte, ohne Geld würde sie wieder untertauchen. Auch wenn er dazu nicht verpflichtet gewesen wäre.

Es lief eine gewisse Zeit wirklich sehr gut, und alle anfänglichen Differenzen wurden für die Kleine bei Seite geschoben. Es hatte wirklich den Anschein, wir wären zu einer Familie geworden. Doch leider mussten wir irgendwann feststellen, dass alles eine große Lüge war. Uns wurde die ganze Zeit ein Lügenmärchen aufgetischt, was ungeahnte Ausmaße hatte.

Ein Lügenmärchen mit ungeahnten Ausmaßen

Es begann damit, dass die Mutter zum Freund in eine andere Stadt zog, 30 Kilometer entfernt. Natürlich holte und brachte mein Mann die Tochter. Nach und nach fiel uns auf, dass die Kleine sich veränderte. Es stellte sich dann heraus, das die Kleine gezwungen wurde ihren Papa anzulügen, sie würde auch in der Mama-Woche in den dortigen Kindergarten gehen und wäre wegen ihrer gesundheitlichen Defizite auch in der neuen Stadt bei Ärzten in Behandlung. Ein Zufall brachte ans Tageslicht, dass das Kind diese Ärzte nie gesehen hatte und sie auch nie im Kindergarten war, für den mein Mann übrigens extra Geld zahlte.

Daraufhin haben wir mit dem Anwalt eine Generalvollmacht für meinen Mann verfasst, die sie auch unterschrieben hat. Die Kleine braucht die ärztlichen Behandlungen, wir wollten nichts riskieren. Die Ex war, solange das komplette Geld bei ihr blieb, auch mit allem einverstanden. Die Kleine wurde mit erstem Wohnsitz bei meinem Mann und mir angemeldet, sie besuchte erst die Kita, jetzt die Vorschule bei uns im Ort und mein Mann bekam das ärztliche Sorgerecht übertragen. Weiterhin lebten wir aber das Wechselmodell.

Dann wurde meine alte Firma insolvent, in meinem neuen Job verdiene ich wesentlich weniger und wir konnten es uns nicht mehr leisten, den kompletten Unterhalt zu zahlen, ihr zusätzlich das Kindergeld zu lassen und trotzdem alle Kosten zu übernehmen. Bisher hatte ich nämlich den Großteil des gemeinsamen Einkommens beigesteuert. Nun behauptet sie plötzlich, die Generalvollmacht sei gefälscht und in den letzten zwei Jahren sei alles gegen ihren Willen passiert.

Es gab ein Gerichtsverfahren deswegen. Sie stimmt dem Wechselmodell nur weiterhin zu, wenn sie auch das Kindergeld behalten darf. Dazu kommt, dass der Richter anordnete, dass ihr ein Extra-Umgangstag zustünde, wenn mein Mann mit der Kleinen in der Mama-Woche beim Arzt oder der Ergo-Therapie wäre. Sie selbst geht aber nicht zum Arzt, also muss mein Mann es machen. Der Richter machte auch klar, dass seiner Meinung nach ein Kind immer zur Mutter gehöre.

Mein Mann weiß also, dass er schlechte Karten hat. Das macht ihm Angst. Und mir natürlich auch. Die Kleine geht seit zwei Jahren hier bei uns in die Vorschule, dieses Jahr soll sie eingeschult werden. Spätestens dann ist das Wechselmodell in zwei Städten, aufgrund der 30 Kilometer die zwischen uns liegen, nicht mehr so einfach möglich. Es fährt kein Bus zwischen den beiden Orten.

In welcher Stadt soll das Kind zur Schule gehen?

Die Mutter will, dass die Kleine bei ihr zur Schule geht und nur noch an den 14tägigen Wochenenden bei uns wäre. Mein Mann möchte es umgekehrt. Der Hauptwohnsitz ist zwar bei uns, aber die Mutter tut überall so, auch vor Gericht, als wäre es klar, dass die Kleine bei ihr zur Schule gehen soll. Um eine Vorschule bei sich im Ort hat sie sich aber nie gekümmert. Genauso wenig wie um die ärztlichen Behandlungen. Wir hoffen, dass das ein Vorteil für uns ist, denn die Kleine muss hier nicht neu anfangen, so wie sie es bei ihr müsste. Sie würde mit all ihren Freunden aus der Vorschule gemeinsam eingeschult. Aber der Richter macht uns eben Angst. Und ich als Stiefmutter bin für ihn überhaupt nicht existent.

Ich liebe die Kleine bedingungslos und wir haben ein wunderbares Verhältnis. Mit der Mutter war es immer ein Auf und Ab, aber ich habe immer versucht mich in sie reinzuversetzen und ich habe sehr häufig, sehr viel verziehen. Zur Zeit bin ich aber nicht in der Lage zu sehen, wie das in Zukunft wird.“

In wenigen Wochen ist die Verhandlung, in der entschieden wird, wo die Kleine zur Schule gehen soll. Ein Gutachten ist positiv für den Verbleib beim Vater ausgegangen, sogar der Verfahrensbeistand meinte, er bräuchte kein Gespräch mehr mit dem Kind zu führen. Auch der Anwalt ist bester Dinge. Trotzdem hat Rieke Angst. Nicht nur um die Kleine, sie hat auch Angst um ihren Mann. Der würde sich große Sorgen machen, wenn seine Tochter ganz bei der Mutter und ihrem neuen Freund leben würde. Bisher hat die noch nicht einen einzigen Arzttermin oder eine Therapiestunde wahr genommen. Wie sollte der Vater das bei einer Wochenend-Umgangsregelung leisten?

Foto: Stocksnap, Olu Eletu

2 Kommentare
  1. Dani
    Dani sagte:

    Wir kämpfen auch gerade dafür, ein Paritätisches Wechselmodell durchzusetzen. Der Sohn meines Mannes (8) möchte das gerne, wir wohnen im selben Ort, es gäbe also in der Hinsicht keine Probleme. Die Mutter will das partout nicht (und der dann evtl. fehlende Höchstsatz an Unterhalt spielt da ganz bestimmt keine kleine Rolle!). Jetzt gab es ein Verfahren, der Antrag wird wohl wegen fehlender Rechtsgrundlage und somit formellen Gründen abgelehnt. Er hat seine Wunsch aber sehr deutlich sowohl den VB als auch der Richterin sehr deutlich gesagt. Das scheint nur niemanden zu interessieren. VB hat Paritätisches Wechselmodell empfohlen. Aber Richterin hat Angst vor Beschwerde beim OLG und tut nichts. Nun hat die Kindesmutter daraufhin einen Antrag gestellt den jetzigen Umgang (alle 2 Wochen Do -So sowie zusätzlich den Donnerstag in der anderen Woche) nochmal zu kürzen auf alle 2 Wochen Fr -Mo früh. Obwohl sie den Wunsch ihres Sohnes genau kennt, glaubt sie ihm nicht und fordert jetzt noch weniger… das ist einfach nur traurig und ich verstehe die deutsche Rechtsprechung nicht. Als Vater hat man kaum eine Chance, Mutter psychisch gestört ? – egal… trotzdem kriegt Vater keine Rechte oder gar das Kind zugesprochen… Am meisten ärgert mich, dass sie sich weigert mit ihm über ihren Sohn reden… und ich verstehe bei Gott nicht, warum diese Abwehr Haltung nicht vor Gericht berücksichtigt wird. Mutter braucht einfach nur alles verweigern, dann kriegt bzw. behält sie alles. Geht ja ums Kindeswohl… Und wenn sich die Eltern streiten ist das ja schlecht. Deswegen braucht man ja auch nur alles verweigern und der Vater ist raus. Zum K… diese Art der Gerichte mit Vätern umzugehen. Wenn sie die Kinder in so einem Fall mal den Vätern zusprechen würden, ich bin mir sicher, plötzlich wären sie ALLE bereitet zu reden…
    Achso zu unserem Fall… beide haben jeweils neue Partner und ein zweites Kind… Grund für Eifersucht oder ähnliches ist daher eigentlich nicht gegeben…
    Ich wünschte sie würden die Gesetze ändern und es den engagierten Vätern und damit auch den Kindern etwas leichter machen… dass man bei Vaterschaftsanerkennung nicht automatisch das gemeinsame Sorgerecht bekommt ist da ja auch noch so ein Punkt.
    Bei uns in der Gegend gibt es übrigens immer mehr Familien die das Wechselmodell erfolgreich praktizieren… Ein Schritt in die richtige Richtung, der hoffentlich irgendwann zum großen Umdenken führt. Ich befürchte, wir verliehen den Kampf jetzt, aber wir rechnen schon jetzt damit, dass er dann spätestens in der Pubertät zu uns umsiedeln wird… und so lange ist das ja nicht mehr. Solange genießen wir die wenige Zeit die wir gemeinsam haben…

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  2. Lini
    Lini sagte:

    http://de.wikimannia.org/Familienrichter

    Im Wiki steht wie einfach man Familienrichter werden kann.
    Fachkompetenz braucht man da nicht. Es reicht schon wenn ein Richter schlechte Laune hat und du bekommst ein Problem. Ich kann verstehen, dass dein Mann und Du Angst habt. Dieser Richter hat für mich mit seinem Kommentar „das Kind gehöre für ihn grundsätzlich zur Mutter“ seine Befangenheit gezeigt und wird dies wahrscheinlich mit dem, Wort Kindswohl unterfüttert haben. Das Wort Kindswohl ist meiner Meinung nach nur eine euphemistische Umschreibung für die Interessen der Mutter.
    Denn das Wort Kindswohl wird in Zusammenhang mit dem Vater so gut wie nie genannt, denn dieser wird nur auf seine Zahlfunktion reduziert.

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