Eine Ohrfeige für alle Stiefmütter – Schluss mit der Verarsche!

Stiefmutter Verarsche

Langsam werde ich sauer. Also eigentlich bin ich es schon. Für wie blöd hält der Tierpark Hellabrunn uns Stiefmütter eigentlich? Ich glaube, für sehr dumm. Sonst würde er nicht einer Stiefmutter die drei Tage in München ist raten, eine Jahreskarte zu kaufen. Damit wäre die Gleichberechtigung doch wieder im Lot. Noch dümmer ist es allerdings vom Tierpark, wenn man dort übersieht, dass im Anhang der Email  noch die Anweisung des Kollegen steht, wie man mit den blöden, nervigen Stiefmüttern umgehen soll. Hallo? Was soll diese Stiefmutter Verarsche? Aber alles der Reihe nach.

Der Münchner Tierpark Hellabrunn und die Gleichstellung

Die Geschichte mit dem Münchner Tierpark Hellabrunn zieht sich ja nun schon eine ganze Weile hin. Hier und hier habe ich bereits darüber geschrieben. Hier habe ich auch einen Musterbrief als Inspiration zur Verfügung gestellt. Es geht zusammengefasst darum, dass Stiefeltern, bei denen die Bonuskinder gemeldet sind (in der Regel die Stiefväter, die mit der leiblichen Mutter zusammen leben) deutlich weniger Eintritt zahlen, als Stiefeltern, bei denen das Bonuskind nicht gemeldet ist (in der Regel die Stiefmütter, da die Kinder selten beim Trennungsvater gemeldet sind).

Was das genau bedeutet, kann ich anhand eines kleinen Rechenbeispiels erläutern.

  • Stiefvater Hans geht mit seinen beiden Bonuskindern und seinen beiden leiblichen Kindern in den Tierpark. Die Bonuskinder leben eine Woche bei ihm und der Mutter, eine Woche bei dem leiblichen Vater und der Stiefmutter. Die Kinder sind unter seiner Adresse gemeldet. Er zahlt für alle fünf Personen 19,- Euro. Eine kleine Familienkarte reicht für alle Personen.
  • Stiefmutter Hanna geht mit ihren beiden Bonuskindern und ihren beiden leiblichen Kindern in den Tierpark. Die Bonuskinder leben eine Woche bei ihr und dem leiblichen Vater, eine Woche bei der Mutter und dem Stiefvater. Die Kinder sind NICHT bei ihr gemeldet, sondern unter der Adresse der Mutter. Sie zahlt für alle fünf Personen 31,- Euro. Eine kleine Familienkarte für sich und ihre leiblichen Kinder und für die beiden nicht bei ihr gemeldeten Bonuskinder jeweils sechs Euro.

Der Aufschrei der Stiefmütter

Ich hatte den Tierpark angeschrieben und die Bürgermeisterin Christine Strobl. Das hatten auch sehr viele Stiefmütter und Trennungsväter gemacht und darum gebeten, dass man diese preisliche Diskriminierung an die moderne Welt anpasst. Eine davon war Cathrin aus Köln, die im Sommer einige Tage mit ihren Stiefkindern in München verbringen wird. Sie schrieb einen sehr emotionalen Brief schrieb, in dem sie nicht nur die finanziellen Aspekte dieser Preisgestaltung sondern auch deren emotionale Seite schilderte:

… Ich bin Stiefmutter und die Kinder meines Partners sind nicht bei uns, sondern ihrer Mutter gemeldet ( wie (leider) der überwiegende Teil der deutschen Trennungskinder). Die Kinder verbringen jede Woche einen Tag bei uns, jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Ferien – ich bin für die Kinder da, emotional und auch finanziell. Durch das Familienticket werde ich ganz ausdrücklich ausgeschlossen – hier geht es nicht nur um die zusätzlichen Euros, sondern viel mehr um das Gefühl dabei. Sowohl bei mir als Stiefmutter als auch bei den Kindern  die laut Ticket-Beschreibung eine Familie mit ihrem Vater bilden, während ich „nur“ eine einzelne Erwachsene Person bin. Das ist nicht schön! Die gleichgeschlechtlichen Partner/Familien sind enthalten und das finde ich sehr weltoffen und schön! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie den Ansatz Patchwork/Stiefeltern (meistens werden es die Stiefmütter sein)  ebenfalls in ihre Preistafel aufnehmen. Viele Grüße aus Köln, Cathrin

Die Antwort des Tierparks

Was antwortet der Tierpark auf die Anfrage der Kölner Stiefmutter, die im Sommer einige Tage in München sein wird?

„Sehr geehrte Frau  …. Faktisch kann Ihr Mann eine Große-Familienjahreskarte erwerben und Sie kommen mit den Geburtsurkunden der Kinder – diese ist immer erforderlich – zu unseren Kassen. Die Große-Familienjahreskarte gilt für zwei Partner und eigene Kinder – auch wenn nur von einem Elternteil – und Kindern, die unter derselben Adresse wohnhaft sind…… Wir haben Ihr Feedback dazu in unser Kritik und Ideenbörse aufgenommen und werden intern diskutieren – ob die Beschreibung der Bedingungen/ Konditionen für Jahreskarten optimiert werden können…. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie einen schönen gemeinsamen Urlaub in Bayern sowie einen erlebnisreichen Besuch im Tierpark Hellabrunn. Mit freundlichen Grüßen, XXX, Service-Center“

Nun gut, ob man als München Besucher

  1. unbedingt gleich eine Jahreskarte kaufen möchte und dafür die Geburtsurkunden der Kinder griffbereit im Koffer hat bleibt dahingestellt. An der Tatsache,
  2. dass die Stiefmutter nicht allein mit den Kindern eine „Kleine Familienkarte“ bekommt um in den Tierpark zu gehen ändert die Antwort schon mal gleich gar nichts und
  3. kam mir die Antwort bekannt vor. Ich hatte ein fast identisches Antwortschreiben bekommen.

Eine Verarsche für alle Stiefmütter

Kein Wunder. Es handelt sich um eine Standardantwort. Den Beweis lieferte die Email gleich mit. Die freundliche Dame der Service Abteilung hatte nämlich vergessen das Schreiben Ihres Kollegen aus dem Email Verlauf zu löschen. Da heißt es ganz lapidar:

Tierpark Standardantwort

Das „Feedback für die hausinterne Kritik und Ideenbörse“ hat sich damit wohl auch erledigt. Das gibt es offensichtlich gar nicht. Anstatt sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen und ernsthaft nach einer Lösung zu suchen, werden alle Stiefmütter mit einer Standardantwort abgespeist. Wir sind ja blöd, wir merken das nicht.

Falsch! So blöd sind wir gar nicht. Wir lassen uns diese Stiefmutter Verarsche nicht länger gefallen!

Ich war in der vergangenen Woche zu einem Treffen von Familienbloggern beim Familienministerium in Berlin eingeladen. Dabei sprach ich Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek auf das Problem mit den Eintrittskarten an. Der Tierpark Hellabrunn ist nämlich kein Einzelfall mit seiner diskriminierenden Preisgestaltung. Überall im Land finden sich Freizeitcenter, Badeanstalten und andere Attraktionen für Familien, die nur dem Stiefelternteil, bei dem die Kinder gemeldet sind, Rabatt gewähren. Der andere Stiefelternteil wird einfach ausgeschlossen. Dr. Ralf Kleindiek war offensichtlich sehr verwundert. Er versprach mir, das intern einmal zu besprechen und gegebenenfalls prüfen zu lassen.

Unterstützen wir das Familienministerium doch bei der Entscheidungsfindung. Schreibt an mich oder direkt an ans Ministerium über Erlebnisse die Ihr mit einer diskriminierenden Preisgestaltung in Eurer Umgebung gemacht habt. Und falls Ihr Euch über beschweren möchtet, dass der Tierpark München uns offensichtlich für dümmer hält als wir sind, könnt Ihr das entweder bei der Müncher 3. Bürgermeisterin Christine Strobl machen, die zugleich im Aufsichtsrat des Tierparks sitzt, seit 12 Jahre Vorsitzende der städtischen Gleichstellungskommission ist und sich schon einmal gekümmert hat. Oder aber bei Bettina Kirchgässler, der Vorstandsassistentin des Tierparks. Oder natürlich direkt bei Daniel Hujer von der Presseabteilung des Tierparks, der auf die „Standard Antwort“ verweist.

Haut in die Tasten Mädels! Lasst uns dafür sorgen, dass die Zukunft der Stiefmütter etwas rosiger wird.

Susanne

Foto: Stocksnap, Donald Tong


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In eigener Sache: Ich weise darauf hin, dass der Stiefmutterblog kein juristisches oder medizinisches Forum ist. Ratschläge, die hier gegeben werden, sollten ggf. von Ihrem Familienanwalt oder Arzt geprüft werden. Ich übernehme keine Haftung für die Ratschläge oder Links in den Kommentaren, freue mich aber sehr über die vielen guten Tipps, die hier gegeben werden.

3 Kommentare
  1. Astrid
    Astrid sagte:

    Absurdes Theater!
    Eine kleine Anekdote von der familienfreundlichen DB gefällig?:
    Mein volljähriger Stiefsohn mit 2.Klasse-BahnCard durfte seinen 13-jährigem Stiefbruder nicht kostenlos mitnehmen (Sitzplatz hätten wir bezahlt), weil keine Blutsverwandschaft vorliegt…wir müssten also die „Kombinationen“ ändern.
    (Alle Beteiligten waren persönlich anwesend, die Heiratsurkunde und Wohnsitzmeldung unter der selben Adresse lagen vor).
    Wir haben uns den Spaß gemacht und geduldig nachgefragt: Der 13Jährige dürfte nur von den echten Großeltern ( Blutsverwandtschaft ein Achtel/ Wohnort woanders), den leiblichen Eltern (Blutsverwandtschaft hälftig), den leiblichen Brüdern (Blutsverwandtschaft, aber leider nicht volljährig) begleitet werden.

    Letztendlich bin ich als Mutter mit BahnCard 1.Klasse und kostenloser Sitzplatzreservierung noch günstiger mit meinem Sohn gefahren…wirklich absurd!
    Schade nur: es war unsere Hochzeitsreise aus der Schweiz, wo wir mit unseren fünf Jungs Skifahren waren…

    Die Schweizer achten beim Skipass übrigens auf strahlende Gesichter- und machen auch für eine siebenköpfige Familie einen Familienpreis!

    Antworten
  2. Ralf Höschele
    Ralf Höschele sagte:

    Kann das gleiche von der Wilhelma in Stuttgart berichten. Wollte FamilienJahreskarte für mich, meine Lebensgefährtin und meine 3 bei der Mutter lebenden Kinder.
    Ging auch nicht.
    Habe dann den Umweg über den WilhelmaVerein gewählt… Da war es überhaupt kein problem… und ist sogar noch von der Steuer absetzbar….

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  3. Kate
    Kate sagte:

    Um ehrlich zu sein, fällt mir keine praktikable Lösung ein. Die Zweitfamilie wird in dem Fall definitiv benachteiligt, aber wie sollten diese Einrichtungen prüfen, dass die Kinder zur Familie dazugehören? Oft ist der Nachname schließlich unterschiedlich.

    Hat mein Kind Geburtstag und möchte solch eine Freizeitaktivität als Kindergeburtstagsort, würde ich mit meinem Kind und zwei/ drei Freunden des Kindes zum Familienpreis Eintritt bekommen. Das liegt garantiert nicht im Geschäftsmodell der Attraktionen.

    Ob es reicht, die Kinder als Zweitwohnsitz anzumelden um die Voraussetzung für Hellabrunn zu erfüllen, müsste man wohl nachfragen. Dazu braucht es natürlich die Einverständnisse beider Elternteile.

    Und Großeltern, die im weiteren Sinne auch Familie sind, werden in Hellabrunn auch „ausgeschlossen“.

    Dass man das „Gleichgeschlechtlich“ extra dazuschreiben muss, irritiert mich ehrlich gesagt etwas.

    Man könnte schreiben: Kleine Familienkarte: ein Erwachsener und x Kinder (3 ist wohl realistisch) oder alle eigenen und postalisch/ als Zweitwohnsitz gemeldeten. Aber auch dann werden Patchwork-Familien mit 4 Kindern benachteiligt, wenn zwei Kinder Bonuskinder sind und keinen Zweitwohnsitz haben.

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