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Muss ich mich aus der Erziehung raushalten?

Foto: Mopho.to

Ich bin eine gestandene Frau, habe drei erwachsene Kinder und sogar schon ein Enkelkind von 13 Jahren. Ich war in der Erziehung meiner Kinder sehr konsequent, was in der heutigen Zeit kaum noch jemand ist. Seit acht Jahren bin ich mit einem Mann zusammen, der zwei Kinder hat. Der Sohn ist 23 Jahre und die Tochter 15 Jahre. Seit zweieinhalb Jahren lebt die Tochter bei uns. Nun sagen alle, ich muss mich aus der Erziehung raushalten. Aber wie soll das gehen?

Muss ich mich wirklich aus der Erziehung raushalten?

 Im August vor zwei Jahren habe ich die Tochter meines Mannes mit viel Einsatz, weil ich das Kind von Herzen gern habe und weil das Kind in ihrem Leben schon so viel durchmachen musste, zu uns geholt. Sie wollte schon vor fünf Jahren zu ihrem Vater ziehen, doch die Mutter hat sie nicht gelassen. Sie hat das Geld dringend gebraucht (Unterhalt und Kindergeld). Als die Tochter dann bei ihrem Vater war, es war in den Sommerferien, musste der Vater für sechs Wochen beruflich nach England. Ich habe mich also um die neue Einschulung gekümmert. Ich habe die Tochter zur Schule gebracht und wieder von der Schule abgeholt, weil sie Angst hatte, ihre Mutter könnte vor der Schule stehen.

Bevor die Tochter zu uns gezogen ist, kam sie alle zu 14 Tage zu Besuch. Ich sagte ihr gleich, wenn sie zu uns käme, ginge es ordentlich zu. Und es gäbe auch kleine Pflichten für sie zu erledigen. Sie war mit allem einverstanden. Als sie dann bei uns war, haben wir gemeinsam einen Haushaltsplan aufgestellt. Eine Woche hat sie sich daran gehalten. Dann hat sie ihre jetzige beste Freundin kennen gelernt. Diese Freundin, muss man wissen, lebt ebenfalls in einer Patchwork Familie. Ihr Stiefvater wollte schon mehrfach ausziehen, da es dort wegen der Tochter nur Streit gibt.

Plötzlich war auch meine Stieftochter wie umgewandelt. Sie richtet sich nicht mehr nach dem Plan, sie verschiebt alles auf den nächsten Tag, und macht dann doch nichts. Sie kommt von der Schule nach Hause, sitzt beim Mittagessen, dass jeden Tag von mir frisch gekocht wird, mit dem Handy in der Hand schaut nur aufs Display. Anschließend geht sie in ihr Zimmer, schaltet den Computer ein, und er läuft dann pausenlos bis circa 23:00 Uhr. Oder sie geht zu der Freundin, bringt sie mit nach Hause und der Computer läuft weiter. Es gibt Abende, da kommt sie nicht zum Abendessen, hat keinen Hunger. Nascht aber pausenlos im Kinderzimmer. Taschengeld bekommt sie 60 €. Sie ist aber permanent pleite

Und nun kommt der Streitfaktor!

Wenn ich den Vater darauf hinweise, was alles nicht erledigt wird, lässt er mich lauthals wissen, dass ich mich aus der Erziehung raushalten muss. Und wenn sie keine Lust hat, was zu machen, erledigt mein Lebensgefährte eben ihre Arbeiten. Dadurch, dass mein Lebensgefährte ständig arbeitet, ob es in seinem Beruf oder die Aufgaben seiner Tochter sind, haben wir keine Zeit mehr für einander. Und das Schlimme ist, er hat auch keine Zeit für seine Tochter.

 Das geht von Montag bis Samstag so und am Sonntag ist mein Lebensgefährte fix und fertig. Er ist auch schon Anfang 60. Ich frage mich, wieso die Psychologen alle sagen, dass das Stiefelternteil sich aus der Erziehung raushalten muss? Wir sind doch eigentlich eine Familie. Der Vater hat durch die Arbeit überhaupt nicht die Möglichkeit, sich Zeit für das Kind zu nehmen. Er hat ein großes Haus mit einem großen Grundstück. Ich bin bereits in Rente, den ganzen Tag zu Hause und hätte Zeit für das Kind. Da der Vater das aber nicht einsieht, kommt es zum Krach und das Kind ist glücklich, dass es zu Hause nicht mithelfen muss.

 Ich habe die Tochter nie vernachlässigt. Ich kümmere mich um sie wie um ein eigenes Kind. Und darf nicht an der Erziehung teilhaben? Was sind das für Gesetze? Was sind das für psychologische Regeln? Mein Mann war bei einem Psychologen, der hat ihm gesagt, die Stiefmutter solle sich aus der Erziehung raus halten. Aber wer macht es denn dann? Was könnt ihr mir raten?

Liebe Grüße, Michaela

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Foto:  Mopho

7 Kommentare
  1. Es.Be
    Es.Be sagte:

    Hallo Michaela,
    ich (selber jahrelang Vollzeit-Stiefmutter) spare mir an dieser Stelle die Ausführung meiner Meinung dass du als Alltags- und Haushaltsmanagerin sehr wohl das Recht hast in die Erziehung einzugreifen, indem du Regeln aufstellst. Leider zeigt die Realität ja oft dass Gespräche nichts bringen, weil das Kind zwar anfangs nickt, dann aber doch keine einzige Absprache einhält und der Vater zwar anfänglich auch zustimmt, aber bei der ersten Erziehungsmaßnahme der Stiefmutter in den Rücken fällt…
    Andere Menschen können wir nicht ändern, aber vielleicht kannst du mit ein paar kleinen Tricks dennoch einige Haushaltspflichten an die Tochter delegieren…
    Zum Beispiel könnte deine Stieftochter nur noch Pflichten haben, von welchen sie selber unmittelbar betroffen ist… In so einem Fall spart man sich auch die Diskussionen wenn’s nicht erledigt ist, kann einem selber ja egal sein, betrifft ja das Stiefkind selber!
    Da mein Stiefkind sich so gar nicht an irgendwelche Absprachen oder Pflichten im Haushalt gehalten hat, wurde eine seiner Haushaltspflichten zB seine eigene Wäsche zu waschen! Dieser Pflicht konnte er nachkommen wann und wie er wollte, das Aufhängen, ggfs Bügeln und zusammenlegen gehörte natürlich auch dazu! Da lernt so mancher Teenie ganz schnell Verantwortung zu übernehmen und dass manchen Dinge eben erledigt werden müssen, wenn zur nächsten Feier die Lieblingshose gewaschen sein soll (und Teenies sind ja oft ein wenig eitel und auf ihr Äußeres bedacht…)
    Mit ein wenig Kreativität lassen sich da ganz bestimmt ein paar ganz individuelle Lösungen finden >:-)

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  2. Stephi
    Stephi sagte:

    Liebe Michaela,
    ich sehe das genauso wie meine Vorrednerinnen: Wenn Du den Hauptumgang mit dem Kind hast, kannst/mußt Du doch die Regeln vorgeben. Wir haben den Sohn meines Mannes zwar nur jedes zweite Wochenende, aber auch bei uns gibt es Regeln, die es anscheinend bei Mutter nicht gibt. Ich finde das auch sehr wichtig, vor allem für später. Am Anfang habe ich mich schwer damit getan, den Kleinen zu erziehen, aber mein Mann hat mich darin immer bestärkt und wir ziehen an einem Strang. Wenn es nicht so wäre, würde es aber auch nicht laufen.
    Ich würde darüber aber mit Deinem Mann ganz offen sprechen und ansonsten eben wie Kerstin schrieb (wenigstens eine zeitlang) mal nichts mehr machen. Wenn ich nichts zu sagen habe, kann ich mich auch nur um meine Belange kümmern. Und wenn keine saubere Wäsche mehr da ist oder es eben kein Mittagessen gibt, werden sie schon merken, dass irgendwas schief läuft. Leider ist das ja meistens für einen selber schwer durchzuhalten…

    Lass Dich nicht unterkriegen!

    LG Stephi

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  3. Christine Tietz
    Christine Tietz sagte:

    Hallo Michaela,
    ich stimme Kerstin zu. Gehe in Austausch mit der „kleinen Madame“.
    Und wie immer zeigen uns die Kinder wo es hapert – an der Kommunikation und dem Einklang zwischen dir und deinem Mann.

    Du schreibst: „Ich bin bereits in Rente, den ganzen Tag zu Hause und hätte Zeit für das Kind.“
    Vielleicht liegt darin der „Kasus knacksus“? Was tust du mit der vielen Zeit? Brauchst du eine Aufgabe? Wenn ja bitte nicht das Mädchen!!
    Schau dich draußen um. Wo wird dein Einsatz dringend gebraucht und wertgeschätzt?
    Stiefmutter – Selbsthilfegruppe oder bei den Flüchtlingen oder Alleinerziehende Mütter oder Umweltschutz oder, oder, oder,

    Alles Liebe dir und sorge gut für dich – nicht für das Mädel, welches gerde sich im Leben ausprobiert 😉
    Christine

    Antworten
  4. Kerstin
    Kerstin sagte:

    Irgendwie bezweifele ich, dass der Psychologe das genau so gesagt hat, oder das dein Mann dort ganz realistisch seine Woche beschrieben hat……………

    Und selbst wenn der Psychologe das trotzdem geäußert haben sollte, sollte dein Mann doch bei klarem Menschenverstand ERKENNEN, dass du eben als Bezugsperson ANWESEND bist, und er halt nicht. Da liegt es dann doch auf der Hand, wer was wann SAGT („erzieht“).

    Vielleicht solltest du einfach aufhören, die Dinge unter dem Deckmantel der „Erziehung“ zu äußern. „Du willst etwas von meinem Mittag?? Dann pack bitte dein Handy weg, sonst gebe ich dir nichts ab…!“ (ähm, wer nicht erziehen DARF – muss ja eigentlich auch nicht kochen… 😉 ).
    Es sind dann einfach nur deine Regeln, die du dir für den gemeinsamen Umgang MITEINANDER und unter einem Dach wohnend überlegt hast.
    Ein 15-jähriges „Kind“ kann man meiner Meinung nach eh nicht mehr „erziehen“ – alles was bis dahin nicht gelernt und als selbstverständlich aufgenommen wurde, ist gelaufen. Da kann man nur noch mit Verhandlungen arbeiten. Die für einen selbst möglichst clever laufen sollten. „Ich wasche jetzt DEINE Wäsche, bist du so gut und räumst in der Zeit DEIN Zimmer auf?“ „Wie kein Bock??? Hm, och ja – ich muss ja jetzt auch nicht waschen… !“ 🙂

    Würde ich es nicht besser wissen (hoffen), würde ich denken, dass dein Mann ernsthaft versucht sein Kind vor dir und deiner Erziehung „zu beschützen“…. Du solltest das wirklich mal klar mit ihm besprechen, ob er sich das wirklich so wünscht, dass er die Aufgaben für sein „Kind“ erledigt und vor allem, ob er denkt, dass das ernsthaft für ihr weiteres Leben so sinnvoll ist, wie er das handhabt. Du willst dem Kind doch nichts „böses“ – im Gegenteil…
    (Übrigens, ich habe meine Zwillinge von Anfang an sehr konsequent erzogen und bin wirklich stolz und froh, wenn ich oft erlebt habe, wie andere in wirklichen Erziehungsschwierigkeiten schon mit Kleinstkindern steckten… „Warum hören deine Kinder auf dich???“ „WEIL sich das genau so gehört, ich bin die Erwachsene und ich lasse mich weder tyrannisieren noch erpressen!)“

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  5. Franziska Leuchtenberger
    Franziska Leuchtenberger sagte:

    Liebe Michaela, ich denke auch, das mit den Raushalten“ geht praktisch gar nicht. Ich kann mich bei meiner Stieftochter auch nicht raushalten, ich bin ja eine Haupt-Bezugsperson. Ich würde es also ähnlich machen. Ich sehe das Problem aber nicht bei der Tochter (die verhält sich ja eigentlich wie ein normaler Teenager), sondern beim Vater. Wenn er nicht hinter Dir steht, funktioniert es nicht, zumal, wenn er sogar ihre Aufgaben übernimmt. Wie soll seine Tochter Dich dann respektieren? Ich glaube, ich würde mit ihm ein Gespräch über die Rollen bei Euch und Deine ausweglose Situation führen, eventuell auch mit professioneller Unterstüzung (aber bestimmt nicht von seinem Psychologen!!).
    Alles Gute! Franziska

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  6. Kriesten,Jana
    Kriesten,Jana sagte:

    Hallo Michaela,rechtlich hast du keine Rechte an der Erziehung,aber moralisch schon.Denn wenn du den Großteil der Arbeit übernimmst,hast du auch ein Mitspracherecht.Ich bin auch Vollzeitstiefmutter seit 4 Jahren.Meine Kinder sind ebenfalls erwachsen und das Stiefkind ist jetzt 14 Jahre alt.Da alle Aufgaben mir überlassen bleiben,der Vater arbeitet in Schichten,möchte auch mit bestimmen wo es Zuhause lang geht.Ich bin noch berufstätig(30 Std die Woche)Wollte eigentlich mit über 50 die Kindererziehung hinter mir lassen.Es kam anders.Die Mutter wollte ihren Sohn nicht mehr ständig bei sich haben.Was blieb mir anderes übrig,der Junge hätte ja sonst ins Heim gemusst.Da ich aber wusste,dass alles an mir hängen bleibt,habe ich von Anfang an klare Regeln aufgestellt.Der Vater unterstützt mich größtenteils dabei.Aber auch hier gibt es hin und wieder mal die Masche,das arme Trennungskind.Nur zieht die bei mir nicht mehr.Der Junge hat alles,sogar alles doppelt.Darf zur Mutte,wann immer er möchte,vorrausgesetzt die Mutter ist bereit dazu.Alle Wünsche werden erfüllt.Wenn mein Mann dann mal meint,der Junge wird falsch erzogen,bitte,dann soll er alle Pflichten,wirklich alle,für 4 Wochen übernehmen,denn dann wird ihm bewusst,wieviel Arbeit ein Kind macht und er sieht die Sache wieder anders,meist schon nach dem 1.Tag.Zeit haben wir auch kaum füreinander,und er auch nicht fürs Kind.Zuviel Arbeit,eine pflege bedürftige Mutter usw.Aber man muss sich das Leben nicht noch schwerer machen,als es ist,auch uns Stiefmüttern nicht,denn nicht wir waren es,die dieses Kind unbedingt wollten,sondern die Eltern.Das sollte nie vergessen werden.L.G.Jana

    Antworten
  7. Manuela
    Manuela sagte:

    Liebe Michaela,
    ich finde, dass du das alles großartig und richtig machst! Man kann sich nicht aus der Erziehung raushalten, wenn das Kind des Partners mit im Haushalt lebt. Vielleicht tröstet es dich zu wissen, dass unser Teeny auch so ist. Hier gibt es aber auch Regeln. Die ganze Zeit mit dem Handy oder PC zu daddeln gibt es hier auch nicht. Vielleicht könnt ihr euch einmal zu dritt zusammen setzen und du kannst den beiden mal sagen, wie es dir mit der Situation geht. Ich finde, dass die Tochter ruhig dabei sein kann, damit sie versteht, warum du dich auch mies fühlst. Es ist nicht ok, wenn du die ganze Arbeit machst, aber deine Meinung sagen oder etwas kritisieren darfst du nicht. Du lebst und trägst schließlich auch alles mit. Kopf hoch und immer daran denken: Du bist machst es prima!

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