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Wenn Scheidung keine Option ist

Vor geraumer Zeit traf ich einmal ein Paar in Antwerpen (Belgien). Tim und Grace lebten dort seit zwei Jahren, packten aber gerade ihre Koffer, weil er nach Frankreich versetzt werden sollte. Zuvor waren sie in der Schweiz, Italien, den USA, Mexiko, Deutschland und, und, und.. Gebürtig stammen beide aus Irland. Grace war nicht gerade begeistert. Sie sprach kein französisch und wäre lieber im beschaulichen Antwerpen geblieben, wo sie viele Freunde und auch einen Job gefunden hatte. Aber Tim arbeitete für eine internationale Firma, wurde eben alle zwei Jahre versetzt und Grace ging mit. Ich sprach mit ihr, wie sie all diese Wechsel in ihrer 18jährigen Ehe überstanden hätte. Ob sie irgendwann auch einmal an Scheidung gedacht hätte. Sie schaute mich an wie eine Erscheinung. Dann lachte sie und meinte:

„Natürlich nicht! Wir sind Iren. Scheidung ist für uns keine Option. Wir müssen uns andere Lösungswege suchen, wenn wir Probleme haben“.

Dieser Satz ist mir in all den Jahren immer im Kopf geblieben. Seit ich den Stiefmutterblog schreibe, ist er für mich aktueller denn je. Wie oft bekomme ich Briefe von Frauen, die Kinder haben oder gerade schwanger sind, sich über ihren Partner ärgern und darum über Trennung nachdenken. Oder von Müttern, die über Nacht verlassen wurden, weil er eine Neue hatte. Einfach so. Also ob es um nichts ginge. So, wie man eine Unterhose wechselt, oder ein altes Möbelstück entsorgt.

Meist fühlte sich ein Partner (da nehmen sich Männer und Frauen gar nichts) in der Beziehung vernachlässigt. Die Gründe sind unterschiedlich. Entweder, weil der andere zuviel oder zu wenig arbeitet, sich zu wenig oder zu viel um die Kinder kümmert, zu selten oder zu oft Sex will, zu viel trinkt oder zu wenig feiern mag, zu viel Geld ausgibt oder zu wenig Geld verdient. Im Grunde genommen sind die Gründe auch egal. Wichtiger sind die Folgen: man ist genervt vom Anderen und sucht sich Abwechslung. Ist es dann mit der Neuen/dem Neuen viele schöner als vorher, trennt man sich eben. Meist mit dem Mantra auf den Lippen „Für die Kinder ist das so auch das beste“.

[bctt tweet=“Was wäre, wenn Ehescheidung keine Option wäre? Wenn „für immer“ auch „für immer“ bedeuten würde?“]

Ist es das wirklich immer? Was wäre denn, wenn Trennung oder Scheidung eben keine Optionen wären? Wenn „für immer“ auch „für immer“ bedeuten würde? Was würde das ändern? Würden wir uns im Vorfeld schon besser überlegen, ob er oder sie wirklich der „richtige“ Partner ist? Würden wir mehr entschuldigen, vorsichtiger miteinander sein? Würden wir nach anderen Lösungswegen suchen? Ich weiß es nicht. Für immer ist heute nicht mehr lebenslang. Jede dritte Ehe wird geschieden, die durchschnittliche Ehedauer bei der Scheidung liegt bei 13,9 Jahren. Jedes Tattoo hält länger.

[bctt tweet=“Die durchschnittliche Ehedauer bei der Trennung liegt bei 13,9 Jahren. Jedes Tattoo hält länger“]

Keine Ehe ist immer einfach und problemlos. Kein Partner ist perfekt. Nun ja, eine Ausnahme gibt es. Mein Mann hat totales Glück, er hat mit mir die einfachste,schönste, liebste und umgänglichste Frau aller Zeiten erwischt. Wenn es bei uns Probleme gibt, KANN es also nur an ihm liegen. Das sieht er schnell ein – Problem gelöst.  😉

Scheidung keine Option

Scheidung keine Option

Wie sieht es in Ihrem Familien-Alltag aus? Wird gemeinsam an Problemen gearbeitet? Sehen Sie über „Macken“ Ihres Partners großzügig hinweg? Leben Sie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen „geben“ und „nehmen“? Oder fühlt sich immerzu einer von Ihnen benachteiligt?

Gerade Patchworkfamilien sind besonders gefährdet in die Brüche zu gehen. Hier gibt es besonders viele Kränkungen, viele enttäuschte Erwartungen, viele „Mitstreiter“ in der Beziehung, die dafür sorgen, dass kaum die dringend benötigte Ruhe für unbeschwerte Paarzeit einkehren kann. Aber nicht nur das, in einigen Fällen frage ich mich auch, ob es sein kann, dass zu schnell wieder eine zweite Familie gegründet wurde, dass das Scheitern der Ursprungsfamilie weder reflektiert noch verarbeitet wurde.

Bitte nicht falsch verstehen, ich denke nicht, dass eine Scheidung unmöglich gemacht werden sollte. Aber oft stelle ich mir die Frage, ob sich manche Paare mit der Trennung oder Scheidung nicht den leichteren Weg suchen und vielleicht nicht wirklich ernsthaft über andere Lösungswege nachgedacht haben? Was denken Sie? Wie lösen Sie Probleme in der Partnerschaft? Wie halten Sie die Balance zwischen geben und nehmen? Sind Scheidung oder Trennung Optionen für Sie?

Herzlich, Susanne

8 Kommentare
  1. Daka
    Daka sagte:

    Ein sehr interessanter Artikel! Ich war vor vielen Jahren mal verlobt, mit meiner zweiten Jugendliebe… es war immer ein Auf und Ab und irgendwann hatten wir uns für ein „für immer“ entschieden. Je länger ich mit dem Verlobungsring am Finger aber über das „Für immer“ nachdachte umso mehr wurde mir klar, dass es kein „für immer“ geben wird, jedenfalls nicht mit ihm. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass es das doch nicht gewesen sein kann und das bestimmt noch ein „besserer“ kommt. Was soll ich sagen – ich habe mich – weit vor der Hochzeit getrennt (denn vor dem Traualtar wollte ich ihn dann doch nicht stehen lassen!) und das war richtig so. Ich war wie befreit. Es gab auch eine kurze Zwischenphase wo wir schon an Kinder gedacht hatten… Glücklicherweise hat es nicht geklappt…und somit war eine Trennung durchaus eine Option! Ich habe trotzdem viele Jahre (6!) gebraucht um mich wieder auf eine ernsthafte neue Beziehung einzulassen… und auch das habe ich erst getan, als ich mir wirklich sicher war. Wir sind nicht verheiratet und wollen das auch nicht. Wir wissen trotzdem, dass wir zusammen sein wollen und zwar für immer. Für mich gibt es die Frage nicht mehr, ob da ein besserer kommt, weil ich endlich genau da angekommen bin, wo ich sein wollte. Klar, wir haben hin und wieder Streit oder Meinungsverschiedenheiten, aber seit ich nicht mehr nach „Fehlern“ suche oder eigentlich nicht existente Probleme „kreiere“ wie ich das früher gern getan habe und vor allem mir selbst im Reinen bin, geht es uns als Paar einfach gut. Da kommt auch die KM mit ihren ganzen Dramen nicht dazwischen.
    Ich liebe meinen Mann und wenn man sich aus ganzem Herzen für ein „Für immer“ entschieden hat, braucht es auch nicht unbedingt einen Trauschein 🙂

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  2. L
    L sagte:

    Ich finde das eigentlich eine schöne Idee. Der Vater einer Prominenten (da ich nicht falsch zitieren möchte, bitte einfach mal googeln, wens interessiert) sagte mal auf die Frage, wie er eine so lange Ehe führen könne: „Das Geheimnis ist, dass deine Mutter und ich uns nie zur selben Zeit trennen wollten“.
    Meine Beziehung finde ich nicht einfach (letztendlich aber: Welche Beziehung ist schon einfach?? Und wäre sie es wert, wenn man seinen Partner oder die Beziehung einfach wäre?), aber für mich gilt auch eigentlich (wenn auch nicht verheiratet, aber nicht wegen mir ;): Ich habe mich entschieden und werde diesen Weg gehen. Ich bin aber auch gleichzeitig romantisch und pragmatisch, glaube ich. Zum Einen glaube ich an die große Liebe (die für mich Arbeit einschließt) und zum Anderen gehe ich Versuchungen aus dem Weg, so sehr, dass ich mich in 10 Jahren noch nicht mal ernsthaft verknallt hätte. Hört sich vielleicht freudlos an, aber ist ein Weg für Treue.
    Trotzdem denke ich öfter über Trennung nach und zwar wenn ich denke, dass das Geben und Nehmen unausgeglichen ist oder ich mich dermaßen unerfüllt fühle. Aber vielleicht ist auch das normal.

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  3. Marie
    Marie sagte:

    Noch bin ich zwar nicht Verheiratet, habe es aber fest vor! Mein Lebensgefährte und ich sind zwar erst seit knapp 2 Jahre ein Paar, wir haben uns aber gefunden. Da seine Kinder bei uns Leben und sein Sohn sich sehr an mich gebunden hat Gefühlsmäßig, steht eine Trennung für uns auch ohne Ehe inzwischen außer Frage.
    Wir haben ziemlich irre 2 Jahre hinter uns die durch viel Krankheit geprägt sind. Dadurch konnten wir schon früh feststellen, dass wir uns auf uns verlassen können. Komme was wolle. Streiterein gibt es zwar auch hin und wieder aber wir schaffen es jedesmal eine Lösung zu finden und halten uns sehr daran fest, dass es für alles eine Lösung gibt oder Kompromiss.
    Jetzt ist auch unser erstes Gemeinsames Kind auf dem weg (zwar nicht geplant, aber gewollt)
    Und im nächsten Jahr werden wir uns „für immer“ Binden. Und für immer soll auch für immer heißen. Von Scheidung halten wir beide wenig bis gar nicht’s. Haben es aber von unseren Eltern nicht anders vorgelebt bekommen. Da war Scheidung auch nie ein Thema. Selbst als es ganz danach aussah das meine Eltern sich festgefahren hatten und Monatelang nur nebeneinander her gelebt haben. Das hartnäckig dran bleiben macht’s meiner meinung nach aus!
    Wer wirklich im Voraus schon sagt für immer ist für immer, der hält auch mal eine schwere Zeit aus auch wenn diese sich lang zieht!
    Und man muss sich selbst im Streit aif den anderen 100% verlassen können, das er für einen da ist wenn man ihn braucht!
    Und das können wir da bin ich mir sicher ?

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  4. Cori
    Cori sagte:

    Ich bin zwar noch nicht verheiratet, bin mir aber nunmehr, nach über sechs Jahren Beziehung mit meiner Partnerin sicher, dass ich diesen Schritt wagen möchte, und zwar mit dem festen Wunsch, dass „für immer“ auch „für immer“ bedeutet. Ich kann (und will mir auch gar nicht) vorstellen, dass sich an unserer Zuneigung und Verbundenheit jemals etwas ändert, auch wenn mir klar ist, dass das vor mir beziehungsweise uns auch schon Millionen andere Paare gedacht haben, die irgendwann dann nicht mehr verheiratet waren. Das ist zwar aus romantischer Sicht nicht schön, aber vielleicht oftmals die bessere Entscheidung. Mein einziger Wunsch in einem solchen Falle wäre natürlich, dass so etwas in beidseitigem Einverständnis abläuft und sich nicht einer der Partner als „Verlassener“ fühlen muss. In jedem Fall wäre ich aber für eine konsequente Durchtrennung der ehelichen Bande, als so etwas wie einer Trennung ohne Scheidung ( habe erst vor kurzem durch einen Freund erfahren, dass es sowas per definitionem überhaupt gibt und musste mich dann darüber einfach belesen–> http://www.ra-knauf.de/trennung-ohne-scheidung.php) würde ich zum Beispiel nie zustimmen. Wenn es denn vorbei sein soll, dann auch bitte richtig. Aber wie gesagt: In unserem Fall wird das hoffentlich nie auch nur ein Thema sein.
    Alles Gute für Sie und Beste Grüße,
    Cori

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  5. Patrizia
    Patrizia sagte:

    Gratulation zu 18 Jahren in einer gemeinsamen Ehe! Viele Frauen glaub ich gibt es nicht die so ein „wanderleben“ machen würden! Sie glauben vielleicht dass sie es schaffen würden, brechen dann aber doch ab! Super find ich das … reine Inspiration! Mein Mann ist auch gerade versetzt worden und der Artikel inspiriert mich unsere Streitigkeiten zu beenden 🙂

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  6. Kerstin
    Kerstin sagte:

    Spannendes Thema… Ich habe „früher“ nicht geheiratet. Obwohl es mindestens 2 längere Beziehungen gab, wo das Thema durchaus „aktuell“ war. Ich FÜR MICH war mir immer bewusst, das „für immer“ eine verdammt lange Zeit ist, die ich weder mit 20 noch mit 26 Jahren absehen konnte, oder wollte.
    Auch den Vater meiner Zwillinge habe ich NICHT geheiratet – im Gegenteil… Für viele Menschen war das echt ein Drama…

    DIE HEIRATET einfach NICHT… Tzzzz

    Und auch meinen jetzigen (Ehe-)Mann habe ich nicht „spontan“ geheiratet.. Weil das so toll ins Patchwork-Geschehen gepasst hätte… Wir hatten irgendwann aus Vernunft beschlossen KEIN gemeinsames Kind mehr zu bekommen. Und unsere Zukunft die malten wir uns ganz anders aus. (Im „kleinen Haus“ mit viel Reisen und ohne KINDER und entsprechend endlose VERPFLICHTUNGEN). Es stand für uns erst FEST – das „FÜR IMMER“ in diesem Fall auch ein „FÜR IMMER“ sein soll, mit allen Eventualitäten, die das Leben noch so zu bieten hat. Das man nicht sofort das Handtuch wirft, weil der andere „doof“ ist oder sich „doof benimmt“. Sondern wir gewillt sind bei Problemen Lösungen zu finden. Das haben wir in 8 Jahren und der schlimmsten Zeit mit den Kindern lang genug erprobt, ehe wir uns dann doch entschlossen haben, dass zumindest WIR eine „richtige“ Familie sein wollen.

    Ich wollte erst vieles ERLEBEN und auch ALLEIN leben KÖNNEN, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. Mich selbst ertragen können – die Ruhe genießen lernen. Ganz viele Dinge, die mir wichtiger waren, als mich auf biegen und brechen an einen anderen Menschen zu „klammern“.

    Der Gatte hat damals ja sehr jung geheiratet…. Freundin, schwanger – beide grad mal 19 Jahre…. Wie das Leben so spielt. Für mich durchaus absehbar, dass das nicht auf Dauer ausgerichtet sein könnte, bzw. man diese Dauer damals überhaupt nicht abschätzen konnte…Und grad ohne den festen Willen daran zu arbeiten (kommt vielleicht auch erst später), sind das keine rosigen Zukunftsaussichten. Vielleicht sieht man dann auch nur das, was man nicht hat und ist auf einer permanenten SUCHE – nach dem, was wirklich Richtiger sein KÖNNTE.

    (Auf so etwas hätten wir HEUTE beide keine Lust mehr… Perfekt gibt’s nicht und man muss mit dem klar kommen, was man sich ausgesucht hat 😉 ).

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    • L
      L sagte:

      Ich finde deine Sicht großartig und unkonventionell und wenn jemand sich so genau kennt, ist das toll!
      Vieles hätte mir in jungen Jahren gutgetan :).

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  7. M.
    M. sagte:

    In der ersten Ehe war die Scheidung die einzigste Option für mich. Ich wollte nicht mehr mit einem Partner zusammen leben, der wie ein Bruder für mich war. Für ihn war das aber alles normal. Er ekelte mich nur noch an. Eine Zukunft nur wegen der Kinder war für mich aber nicht vorstellbar, sonst wäre ich ja auch nicht offen für einen neuen gewesen. Die Ex meines Mannes ging fremd, für ihn unverzeihlich, so konnte er auch mit ihr nicht mehr weiter leben. Mein Mann und ich sind beste Freunde und Liebende zugleich. Klar, gibt es auch mal Streit, jeder hat so seine Macken, die erst später zum Vorschein kamen. Wir haben nur wenig Paarzeit zusammen bei 5 Kindern. Aber wir haben uns geschworen miteinander alt zu werden. Wir werden unseren Kindern/Stiefkindern keine weitere Trennung erleben lassen. Das würde der Untergang für diese sein. Wir haben und werden uns weiterhin zusammen raufen. Wir haben gelernt miteinander zu arbeiten statt gegeneinander. Eine Trennung für beide Seiten würde jetzt nur in Frage kommen bei einen großen Vertrauensbruch, wie Fremdgehen oder wenn der Respekt verloren geht im Umgang miteinander. Alles andere kann man irgendwie lösen, finde ich und das möchten wir ja dann auch, Lösungen finden.

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