Foto: Stocksnap, Adrianna Calco

Manchmal lese ich eine E-Mail und mein Herz geht auf. Ich möchte dann vor Freude einfach nur einen Luftsprung machen, weil ich mich so darüber freue, was ich lese. Kennen Sie das Gefühl?  Die Mail von Angela hat mich gestern wirklich glücklich gemacht. Und nein, Angela ist nicht die Dame von der Lottozentrale, die Gewinner benachrichtigt. Angela ist eine Tochter und Stieftochter, ihre Eltern trennten sich, als sie noch sehr jung war. Es war keine schöne Trennung, auch die Zeit danach war nicht einfach. Heute sind alle glücklich, aber lesen Sie selbst. Eine Liebeserklärung an die Stiefmutter.

Foto: Stocksnap, Adrianna Calco

Foto: Stocksnap, Adrianna Calco

Ich bin eigentlich über einen Umweg auf dieser Seite gelandet. Meine Stiefmutter trauert gerade um Ihre verstorbenen Eltern. Ich wollte im Internet etwas finden, womit ich ihr helfen kann und bin dann hier gelandet und erschrocken darüber wie wenig Gutes ich gelesen habe.

Meine Eltern trennten sich als ich ca. fünf Jahre alt war. Ich erinnere mich nicht wirklich daran. Ein Streit ist mir in Erinnerung geblieben, ich hab ständig von Mamas auf Papas Schoss gewechselt und geweint. Die zwei haben sich angebrüllt und nicht mehr aufgehört. Der Grund: Meine Stiefmutter.

Es gab oft Streit, aber wenig schlechte Worte vor uns. Geld war nicht viel da, mein Vater war selbstständig und es lief nicht so gut wie geplant. Für mich und meinen grossen Bruder war die Welt mit Zooausflügen und selbstgemachten Broten gut.

Meiner Mutter ging es nach der Trennung nicht so gut. sie wollte keinen Kontakt zu meiner Stiefmutter, machte sie aber auch nicht schlecht. Die Goldene Regel war: Sie darf nicht in unsere Wohnung. Hatte sie uns abgeholt oder gebracht wartete sie immer unten. Für viele Jahre.

Als mein Vater und meine Stiefmutter nochmals Kinder bekamen wurde unser Verhältnis angespannter. Ich behaupte, die eigenen Kinder stehen auch einer Stiefmama näher, genauso wie ich als Kind meiner Mama näher stehe. Heute finde ich das logisch und korrekt, als Teenie habe ich es als falsch und heuchlerisch empfunden.

Meine Eltern haben mich in dieser Zeit NIEMALS gezwungen die Wochenendregel einzuhalten. Die Besuche waren immer freiwillig. Ich ging krank lieber eine Woche zu meiner Stiefmama die zu Hause arbeitete als allein daheim auf Mama zu warten die auch arbeitete.

Im Alter zwischen fünfzehn und achtzehn war ich sehr selten bei meiner Stiefmutter und meinem Vater zu Besuch. Jetzt, zehn Jahre später, arbeite ich im Unternehmen mit. Habe einen Schlüssel zum Haus und wir gehen jeden Tag gemeinsam mit unseren Hunden spazieren. Meine Stiefmutter erzählt mir was sie bewegt und wie sehr sie ihre Eltern vermisst. Ich erzähl Ihr auch meinen Ärger und Frust.

Ich respektiere, dass sie ihre leiblichen Kinder anders liebt, ohne dass wir darüber spreche. Ich liebe meine Mama auch anders als Sie. Aber trotzdem lieben wir uns.

Sie und meine Mama sitzen heute an Familienfesten am selben Tisch und plaudern. Wir trinken gemeinsam Kaffee, wenn wir uns zu dritt treffen. Sie respektieren sich. Freundschaft wird es niemals werden aber es ist ein gesundes Verhältnis.

Also Stiefmütter: Kopf hoch! Auch ich habe gesagt: Du bist nicht meine Mama lass mich in Ruhe! Aber ich will sie heute um keine Stiefmutter der Welt tauschen.

Sie ist ehrlich, direkt und liebevoll zu mir und doch zicken wir uns an und streiten.
Dafür liebe ich meine Stiefmutter, sie ist auch meine Familie.

Liebe Grüsse
Angela

Der Anlass war traurig, der Tod der Eltern belastet jeden von uns. Die Gewissheit, dass Angela Trost für sie sucht, an sie denkt und für sie da ist, wird der Stiefmutter Halt geben. Hier haben Eltern und Stiefmutter für und mit den Kindern einen guten Weg gefunden. Ich freue mich wirklich für Angela und ihre Familie. Es war nicht immer leicht, klar, wo ist es das schon. Aber wie heißt es so schön: Am Ende ist alles gut, und wenn noch nicht alles gut ist, ist es noch nicht das Ende.

Leider bekomme ich wenig positive Post. Dabei würde ich mir wirklich wünschen, mehr über die Familien zu erfahren, wo es gut läuft. Also, nur Mut! Haben Sie auch eine Stiefmutter, der Sie sich verbunden fühlen? Mit der Sie sich gut verstehen und die Ihnen wichtig ist? Oder ein Stiefkind, was Ihnen sehr ans Herz gewachsen ist? Ich würde mich freuen, wenn Sie mir etwas dazu schreiben. Entweder hier in den Kommentaren oder per E-Mail an kontakt@stiefmutterblog.com. Sie würden mir eine große Freude machen.

Susanne

6 Kommentare
  1. S.
    S. sagte:

    Oh das mag ich nicht bestätigen.
    Hier innerhalb der Familie, 2 Bonuskinder, mein Partner und ich, läuft alles gut.
    Ich habe zu allen dreien eine total liebevolle Beziehung.

    Gut die leibliche Mutter ist manchesmal Thema. Und manchesmal tut es mir arg weh.
    Ich hab damit meinen Umgang gefunden.
    Bin von dem Trip runter ihr beweisen zu wollen das ich ihr nix Böses will und den Kindern einfach eine liebevolle Freundin/ Vertrauensperson sein mag.

    Für mich ist dieser Blog, das Forum so wichtig, weil ich merke das ich mit manchen Gedanken einfach nicht alleine bin.
    Durch die Briefe, Texte und Worte hier wird mir viel geholfen. Ich lerne soviel!
    Mir ist das hier wichtig.

    Ich sage allen danke, die hier schreiben. Ob positiv oder negativ.
    Danke für jeden Text, jede Zeile, jedes Wort!!!

    Antworten
  2. Chrissie
    Chrissie sagte:

    Ein toller Brief, danke an Angela. Wir durchgehen gerade eine sehr schwierige Phase, vor allem die Tochter meines Freundes knabbert sehr an dem anhaltenden Konflikt zwischen ihren Eltern und ist mitten im Loyalitätskonflikt… aber dein Brief, Angela, macht mir Hoffnung, dass wir trotz aller Schwierigkeiten gerade dabei sind, eine solide Basis dafür aufzubauen, was hoffentlich in einiger Zeit so aussehen wird, wie es bei euch der Fall ist. Denn die schönen Momente, die Vertrautheit, die sich kreiert, alles baut sich gerade auf und diese Zeit der Grauzone oder Übergangsphase ist schwierig und holprig. Aber dein Brief gibt mir Mut! Danke!

    Antworten
  3. Nadine Lohse
    Nadine Lohse sagte:

    Ich hab einen guten Draht zu meinem Stiefvater. 😉 für meinen Sohn ist er sein Opa was anderes ist gar nicht möglich und Opa is der beste. Mein Vater ist schon viele Jahre Tod und ein gutes Verhältnis war es auch nicht. Am Anfang war es auch sehr sehr schwer als meine Eltern sich getrennt haben und da auf einmal ein neuer Mann war. Da meine Eltern keine weiteren Kinder haben und auch mein Stiefvater keine hat auch nicht mit meiner Mutter sieht er mich wohl als Ersatz Tochter. Wir sind jetzt einfach seine Familie und mit seinem 79 jährigem Vater klappt es auch endlich. Der mochte mich und meine Mama nicht so wirklich jetzt wo mein Sohn noch mit im Spiel ist,ist er auch uropa 😀 . So wird alles gut.

    Antworten
  4. Kerstin
    Kerstin sagte:

    Liebe Susanne, fast vermute ich, dass die Stiefmütter, wo es „richtig gut läuft“ gar nicht den Zwang verspüren, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Weil ihnen vielleicht auch einfach gar nicht permanent bewusst ist, dass sie „nur“ ein „Stiefmutter“-Dasein führen.
    Drücke aber die Daumen, dass noch weitere positive Meldungen kommen.

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Das denke ich auch. Allgemein sucht man mehr Rat und Hilfe, wenn man ein Problem hat. Wobei es bei einer Stiefmutter, oder allgemein im Patchwork, immer kompliziert ist. Auch wenn es gut läuft. Ich denke auch Angela und ihre Stiefmutter hatten harte Zeiten.

      Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert