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Für die Eltern, die sich entscheiden, dass es ihrem Kind auch nach einer Trennung gut gehen soll

„Ich habe mich dann dafür entschieden, dass es meinem Kind gut gehen soll“. Dieser Satz von Lucie, einer Frau, die ich vor kurzem bei einer Geburtstagsfeier kennen gelernt hatte, ließ mich aufhorchen. Sie stand mit mir und andern Gästen an einem Stehtisch, hatte von ihrer Jahre zurück liegenden Scheidung erzählt, und davon, wie sehr sie es damals gestört hatte, dass ihr Kind an den Besuchswochenenden gerne zum Papa und dessen neuer Freundin ging. Ein Weg für Eltern nach einer Trennung.

Für Eltern, die wollen, dass es ihrem Kind gut geht

Die Gastgeberin, eine gute Freundin von mir, hatte ihr von meinem Stiefmutterblog erzählt. So kamen wir ins Gespräch. Heute ist Lucie selbst Stiefmutter, in einer glücklichen Beziehung und kann sehr offen über ihre Gefühle sprechen. Damals war sie frisch getrennt, Mutter einer fünfjährigen Tochter und einfach nur verletzt. Es dauerte genau drei Wochen und zwei Tage, bis ihr Ex sich nach der Trennung  in eine neue Frau verliebt hatte. Weitere zwei Wochen später zog er schon bei dieser Frau ein.

Während Lucie sich also noch die Augen ausweinte und sich immer wieder fragte, ob die Trennung voreilig war, hatte er sich kurzerhand neu verliebt und war glücklich. „Ich war eifersüchtig“, sagt sie heute. „Es fühlte sich wie ein glühendes Messer im Herzen an, als meine Tochter eines Tages vom Papa-Besuch zurück kam und mir von ihr erzählte. Nicht er hatte mir von der Neuen erzählt, sondern meine Tochter.“

Die Tochter erzählte ihr von Papas neuer Freundin

Auch wenn die Trennung einvernehmlich war, sie hätte sich gewünscht, dass ihr Ex längere Zeit Single geblieben wäre. „Ich weiß, wie dumm das klingt. Als ob ich ein Kleinkind wäre, dass sein Spielzeug zwar nicht mehr haben will, aber andere Kinder sollen auch nicht damit spielen.“ Lucie war nämlich diejenige, die die Trennung gewollt hatte.

„Er war einmal meine große Liebe, unsere Tochter war ein Wunschkind. Es war für uns beide keine einfache Entscheidung uns zu trennen, es ging aber einfach nicht mehr. Dass er sich so schnell neu verliebte gab mir das Gefühl, unsere Ehe sei ihm nichts wert gewesen. Wahrscheinlich hatte ich unterbewusst gehofft, er würde um uns kämpfen und es würde dann alles wieder so werden, wie es ganz am Anfang war.“

Das Allerschlimmste für sie jedoch war, dass ihre Tochter die neue Frau „total cool“ fand und begeistert  von Papa und ihr erzählte. „Ich musste mich sowieso jeden Tag zusammen reißen, um nicht vor meiner Tochter zu weinen. Statt meine Tochter zu trösten, habe ich sie als Trost gebraucht. Als ich dann auch noch sah, dass meine Tochter fröhlich war, wenn sie von den beiden zurück kam, war das furchtbar. Ich habe es gehasst, wenn sie dort war.“

Sollte ich ausgetauscht werden? Nicht nur als Frau, auch als Mutter?

Lucie hatte Angst. Irrationale Angst. „Die Neue hatte jetzt meinen Mann, wollte sie sich etwa auch noch meine Tochter greifen? „, fragte sie sich. „Sollte ich ausgetauscht werden? Nicht nur als Frau, auch als Mutter?“ Die Vorstellung ersetzbar zu sein, und die Angst davor taten ihr fast noch mehr weh, als die Trennung an sich. „Das hat mich zermürbt und verbittert.“

Ich fand es sehr mutig von Lucie, mir gegenüber, einer bisher wildfremden Frau, so ehrlich zu sein. Und ich konnte jeden ihrer Sätze verstehen. Nach einer Trennung ist man extrem verletzlich, trauert oft noch eine ganze Weile, bevor das Leben wieder normal weitergehen und rosa werden kann. Eine Scheidung bedeutet schließlich immer, dass ein Lebenstraum geplatzt ist. Zwei Menschen, die sich einmal versprochen haben, in guten wie in schlechten Zeiten zusammen zu halten, müssen sich eingestehen, dass sie gescheitert sind und ihr Versprechen nicht einhalten können. Bei manchen Menschen erzeugt das Wut, bei anderen Angst und manchmal auch Hass auf den Ex-Partner, weil man ihm die Schuld am Scheitern gibt.

Viele Mütter oder Väter schaffen es dann nicht, ihre Kinder aus diesen Gefühlen heraus zu halten, ihnen weiterhin die Liebe zum nunmehr getrennten anderen Elternteil zu gestatten. Sie können nicht akzeptieren, dass ihr Kind diesen Menschen weiterhin liebt, wo bei ihnen doch nur blanke Enttäuschung oder sogar Hass übrig geblieben ist.

Das Credo aller Eltern: Es soll meinem Kind gut gehen

Umso bewundernswerter war für mich der Satz meiner Tischnachbarin „Ich habe mich dann dafür entschieden, dass es meinem Kind gut gehen soll“, als ich sie fragte, wie sie den Konflikt damals gelöst hätte. Sie hatte nach etlichen Monaten, in denen es wohl ordentlich geknallt hatte und auch die Tochter in die Streitigkeiten involviert wurde, mit einer Bekannten gesprochen, einer Psychologin, die sie lange nicht gesehen hatte.

„Der wollte ich in allen Einzelheiten erzählen, was zwischen meinem Ex, mir und der Neuen passiert war. Wie furchtbar er sich benehmen würde und wie sehr meine Tochter darunter leiden würde. Sie hörte mir lange zu, wollte dann nur eines wissen – ob meine Tochter eigentlich mal gerne bei Papa und der neuen Frau gewesen wäre und es ihr dort gut wohl gegangen sei. Das musste ich zähneknirschend zugeben, wollte aber sofort hinterher schieben, was seither alles passiert sei.“

Die Bekannte ging aber überhaupt nicht darauf ein, fragte nur, was Lucie denn dagegen gehabt hätte, dass es ihrer Tochter gut ginge. „Dieser Satz haute mich total von den Socken. So hatte ich es noch nie gesehen. Dass ich etwas dagegen haben könnte, dass es meiner Tochter gut geht, wenn ich nicht möchte, dass sie bei ihrem Vater und der Neuen ist.“

[bctt tweet=“Wie Sie dafür sorgen, dass es Ihrem Kind auch nach einer Trennung gut geht.“]

Für Lucie hat dieser Satz alles verändert. Sie erkannte plötzlich, dass ihre Tochter sehr unter dem Konflikt zwischen Mama und Papa litt und sie selbst nicht unschuldig daran war. „Ich rief noch am selben Abend meinen Ex an und sagte ihm, ich würde ihn und seine Freundin gerne sprechen und ob sie vorbei kommen könnten. Natürlich waren sie zunächst misstrauisch, es war ja einiges passiert, aber ich habe es dann genauso erzählt wie jetzt. Dass ich mich keinesfalls dafür entscheiden wollte, dass es meiner Tochter schlecht ginge. An diesem Abend haben wir alle drei besprochen, dass wir ein gemeinsames Ziel haben- der Kleinen soll es gut gehen.“

Heute sind Lucies Ex und die Neue verheiratet, haben zwei gemeinsame Kinder. Auch Lucie selbst hat einen neuen Lebensgefährten, der zwei erwachsene Töchter aus einer vorherigen Beziehung hat. Die vier Erwachsenen treffen sich ab und zu, unternehmen auch einmal etwas gemeinsam. „Das klappt, weil wir uns alle entschlossen haben, dass es unseren Kindern gut gehen soll.“

Hut ab, wirklich. Lucie ist eine Mutter, die mir imponiert. Eine Ex, über die jede Stiefmutter froh sein kann. Die beiden sind nicht beste Freundinnen geworden, respektieren sich aber und ziehen am gleichen Strang. Ich würde mir wünschen, dass alle Eltern nach einer Trennung sagen würden: „Wir haben uns dafür entschieden, dass es unseren Kindern gut gehen soll“ – wie viel einfacher wäre dann alles. Nicht nur für Stiefmütter!

Wie sieht es bei Ihnen aus? Wofür haben Sie sich entscheiden? Wofür hat sich Ihr Partner entschieden? Eltern bleiben Eltern, oder? Wie immer gilt: Ich freue mich über Input.

Herzlichst,

Susanne

P.S. Ich wurde von der BRIGITTE MOM mit diesem Artikel zum Blog Liebling der Redaktion gewählt.

2 Kommentare
  1. Anka
    Anka sagte:

    Erstmal danke für diesen tollen Blog !!!

    Ich bin mit meinem Partner seit 2,5 Jahren zusammen und wohnen seit 1 Jahr zusammen.
    Seine Tochter 9 ist jedes 2.te WE bei uns. Die Mutter hab ich bis heute noch nie gesehen, was auf der einen Seite gut ist, auf der anderen Seite finde ich es überraschend wie wenig interesse die Mutter hat.
    Auch der kontakt zwischen den Elternteilen ist so gering wie möglich. Die Trennung kam wohl im Endefekt das die Mutter einen neuen hatte (aber mitlerweile nicht mehr) aber sie hatten sich wohl die letzten Jahre auch nur gestritten, nur wegen der Tochter sind sie noch so lange zusammen geblieben.

    Ich finde es sehr schade das wir uns nicht mal zusammen an einen Tisch setzen können. Und das beste für die Tochter klären können. Wie in diesem Beitrag.
    Die Mutter hat da wohl garkein Interesse. Was sehr schade ist, weil die Tochter auch darunter leidet das keine Kommunikation herscht.

    Ich weiss nicht, ob ich das versuchen sollte in die Wege zu leiten …

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Kinder leiden meist, wenn die Eltern überhaupt nicht miteinander sprechen (können). Oft läuft dann nämlich eine Art Kommunikation über das Kind, welches Briefe/Rechnungen überreichnen oder Nachrichten ausrichten muss. Insofern ist ein Kontaktversuch immer positiv zu sehen. Ob er erfolgreich verlaufen wird, kann ich allerdings nicht einschätzen. Versuch macht klug. Was kann schon schief gehen? Herzliche Grüße, Susanne

      Antworten

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