Die Herausforderungen der Vollzeit-Vizemutter

Vollzeit-Stiefmutter-Stiefmutterblog

Früher wurde eine Frau zur Stiefmutter, wenn sie einen Witwer heiratete und sich fortan um seine Kinder kümmerte. Heute sind überwiegend Scheidung und Trennung der Hintergrund, wenn eine Frau zur Vollzeit-Vizemutter wird.

Wo lebt das Kind nach der Trennung?

Die Fälle, in denen sich Vater und Mutter friedlich einigten, dass die Kinder aus bestimmten Gründen beim Vater besser aufgehoben sind, oder in denen die Mutter dem Wunsch der Kinder, beim Vater zu leben, vorbehaltlos nachgibt, sind immer noch Ausnahmen. In diesen Familien haben Stiefväter und Stiefmütter die gleiche Ausgangsbasis. Wer aber denkt, dass eine Vollzeit-Vizemutter generell vergleichbar wäre mit einem Stiefvater, übersieht einen großen Unterschied.

Der männliche Vize lebt nämlich mit einer Mutter, der nach der Trennung die Kinder regulär zugesprochen wurden. Das ist Alltag nach Trennungen und im Familienrecht, 90% der Kinder bleiben bei der Mutter. Diese Kinder erlebten zwar die Trennung als schweren Schritt, haben aber die Chance, ihren normalen Alltag mit Mama weiter zu leben. Einen Wechsel der Bezugsperson gab es nicht.

Vollzeit-Vizemutter vs. Vize-Dad

Die Voraussetzungen der Vollzeit-Stiefmutter sind anders. Lebt eine neue Frau mit ihrem Partner UND den Kindern zusammen, ist oft etwas deutlich gravierenderes als „nur“ Scheidung oder Trennung zuvor geschehen. Hat sie, als klassische Stiefmutter, einen Witwer kennen gelernt, sind Kinder und Vater eine Trauergemeinschaft, die sich oft schwer damit tut, die „Neue“ hineinzulassen. Eine Säule ihres bisherigen Lebens ist plötzlich weg gebrochen. Viel Feingefühl ist hier nötig, um eine gemeinsame Basis zu finden, in der die Mutter ihren Platz behalten kann und die Vizemutter einen neuen Platz im Herzen der Kinder findet.

Oft hat eine Vizemom es heutzutage aber mit ganz anders traumatisierten Kindern zu tun. Diese Kinder wurden von der leiblichen Mutter zum Teil vor die Tür gesetzt, weil sie der zu schwierig waren. Sie wurden vom Jugendamt aus der mütterlichen Wohnung geholt, weil dort unhaltbare Zustände waren oder nach einem langen Gerichtsprozess dem Vater zugesprochen, da ein Richter meinte, sie seien dort besser aufgehoben. Viele Kinder die heute bei Papa und einer Vollzeit-Vizemutter leben, haben eine lange, harte, hin-und hergerissene Zeit nach der Trennung der Eltern hinter sich.

Traumatisierte Trennungskinder

Ich weiß von Zehnjährigen, die mit zwei Mülltüten voller Kleidung nachts vor der Wohnung des Vaters abgesetzt werden. Ich kenne Berichte von misshandelten Kinder, die vom Kindernotdienst abgeholt wurden. Von verstörten Kinder,  die aus der Wohnung der seit Tagen feiernden Mutter geholt wurden. Kinder, deren eigene Mutter einfach keine Ressource mehr für sie hatte. Die persönliche Dramatik, die hinter vielen dieser Geschichten steckt ist schier unglaublich.

Die Vollzeit-Stiefmütter, die diese Kinder jetzt auffangen, haben zuvor oft lange Zeit mitgelitten. Sie erlebten dann alle zwei Wochen Verwahrlosung und Vernachlässigung bei den Besuchskindern, waren hilf- und machtlos, weil lange Zeit keine Behörde Handlungsbedarf sah. Bis dann, nach vielen Auseinandersetzungen und meist von einem Tag auf den anderen, die Kinder bei Papa einziehen.

Plötzlich steht das Kind vor der Tür

Zunächst war dann oft Erste-Hilfe nötig. Harmlos an dieser Stelle der Großeinkauf, da die Kinder kein einziges passendes Kleidungsstück besaßen. Schlimmer sind schon Zahnarztbesuche aufgrund massiver Karies oder verfaulter Kiefer. Relativ häufig herrschen große Mängel in der schulischen Entwicklung, die von der frisch gebackenen Vollzeit-Vizemutter auffangen werden sollen. Von Besuchen bei Kinderpsychologen wegen der seelischen Narben und Verletzungen nicht zu reden.

Die Frauen stellen sich dieser Herausforderung. Arbeiteten sie vorher in einem 40 Stunden Job, stufen sie oft auf Teilzeit runter oder kündigen ganz, um wenigstens in der ersten Eingewöhnungszeit komplett für die Kinder da zu sein. Sie lieben die Kinder, möchten das beste für sie. Blumensträuße dürfen sie allerdings, außerhalb ihrer kleinen Familie, kaum erwarten.

Voller Einsatz – kleiner Handlungsspielraum

Trotz ihres Einsatzes bekommt diese Vollzeit-Vizemutter dann oft genug die Ämterkeule auf den Kopf geschmettert. Gibt es Gespräche mit dem Jugendamt, wird sie nicht zugelassen. Nicht einmal dann, wenn diese Gespräche in ihrer eigenen Wohnung stattfinden. Bei Gerichtsprozessen sitzt sie draußen auf dem Flur, als ob sie nicht dazu gehöre. Für die Kinder ist sie oft die letzte Rettung – vor dem Familienrecht zählt sie nicht.

Auch im Alltag bleibt sie eine Mama zweiter Klasse. Sie darf für ihre Stiefkinder keinerlei Entscheidungen treffen, bekommt keine Auskunft beim Jugendamt, weder Arzt, noch Schule oder Kindergarten dürfen ihr berichten. Ausnahme: Hat der Vater das alleinige Sorgerecht kann er ihr das „kleine Sorgerecht“ übertragen. Oder die leibliche Mutter erteilt ihr eine Vollmacht. Mit dieser Vollmacht oder dem kleinen Sorgerecht dürfte sie notfalls, wenn der leibliche Elternteil nicht erreichbar ist, auch über schwerwiegende Dinge wie etwa eine Operation entscheiden.

Die Sehnsucht nach der Mama bleibt – Die Vize wird Blitzableiter

Sind diese Hürden genommen, heißt es noch lange nicht, dass sie einen glücklichen, unbeschwerten Alltag erlebt. Viele Probleme, auch im Zusammenleben mit den Kindern, fangen dann erst an. Ein Kind, was von der Mutter abgelehnt oder gar rausgeschmissen wurde, steckt das nicht einfach mit links weg. Auch wenn es die Vizemom heiß und innig liebt, die Sehnsucht nach der Mutter bleibt oft lange präsent.

Die Frustrationen, die diese Ablehnung durch die leibliche Mutter beim Kind erzeugt, treffen meist als „Blitzableiter“ die Vizemom. Egal wie sehr sie sich für die Kinder einsetzt, die Liebe und Zuneigung durch die leibliche Mutter, wird für lange Zeit ein Traum vieler Kinder bleiben.

Wie gelingt es Eltern, ihren Kindern das zu ersparen?

Umso schöner ist es dann, wenn ich von Vollzeit-Vizemüttern höre, bei denen es (relativ) reibungslos läuft. Deren „Beutekinder“ beim Vater leben, weil Mama und Papa das gemeinsam als die beste Lösung nach der Trennung ansahen. Diese Kinder haben meist einen guten Kontakt zur Mutter, sehen sie regelmäßig und werden nicht in schlimme Loyalitätskonflikte gestürzt.

Die Erwachsenen erlauben in diesen Fällen den Kindern, Kinder zu bleiben und alle Eltern zu lieben, die leiblichen und die sozialen Eltern. Mama, Papa, Vizemama und Vizepapa. Mein Herz geht regelmäßig auf, wenn mir Frauen über diese Konstellation in ihrer Familie berichten. (Genauso übrigens, wie mein Herz aufgeht, wenn Kinder glücklich mit Mutter und Vizedad leben dürfen und Papa und die Stiefmami ebenfalls lieb haben dürfen.)

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In eigener Sache: Ich weise darauf hin, dass der Stiefmutterblog kein juristisches oder medizinisches Forum ist. Ratschläge, die hier gegeben werden, sollten ggf. von Ihrem Familienanwalt oder Arzt geprüft werden. Ich übernehme keine Haftung für die Ratschläge oder Links, auch nicht in den Kommentaren, freue mich aber sehr über die vielen guten Tipps, die hier gegeben werden.

Foto: Privat

17 Kommentare
  1. Inge
    Inge sagte:

    Ich bin seit 5 Jahren mit meinem jetzigen Mann zusammen. Er hat eine Tochter (mittlerweile 9 Jahre), die zunächst am Wochenende, dann immer öfter und letztlich fifty-fifty bei uns war (1 Woche bei der Mutter, 1 Woche bei uns). Leider schwimme ich mit ihr nicht sehr auf einer Wellenlänge. Sie ist sehr bockig und mäklig, vor allem wenn sie nicht im Mittelpunkt steht. Zum Glück aber nicht nur bei uns, sondern immer und überall (liegt also nicht an mir :-)). Daher war ich immer froh, wenn die 1 Woche rum ist und wir wieder 1 Woche „Ruhe“ hatten. Nun hat sich eine mittlere Katastrophe bei ihrer Mama ereignet (Frühgeburt im Urlaub und nun muss sie im Ausland im Krankenhaus bleiben) und die Tochter ist seit 4 Wochen komplett bei uns und zwar auf unbestimmte Zeit. Alles „toll“, wir haben auch einen gemeinsamen 3jährigen Sohn, der sich darüber riesig freut. Zum Glück bin ich ja auch schon einiges gewohnt (und die Tochter auch), was Alltagskram angeht, da sie ja bisher schon zur Hälfte bei uns wohnte. Trotzdem bin ich ziemlich genervt und fast schon depressiv. Ich habe gar keine Zweisamkeit mit meinem Mann mehr, er findet das übrigens spitze, dass seine Tochter jetzt immer bei uns ist, und bin irgendwie total eifersüchtig auf mein „Bonus-Kind“. Und zu allem Überfluß wird mir auch noch von allen Seiten ein schlechtes Gewissen eingeredet (Omas, Opas, Onkel usw), weil das ja nur „für das arme Kind“ eine Wahnsinns Umstellung ist und wir jetzt alles für das Wohl des Kindes tun müssten. Bitte nicht falsch verstehen, der Alltag klappt schon gut zu Hause, ich bin nur permanent auf 180, weil mich immer irgendwas an ihr nervt und ich mich aber immer schön zusammenreiße, damit es allen auch ja gut geht. Bin ich jetzt eine egoistische und schlechte „Stiefmama“, weil ich die jetzige Situation eigentlich überhaupt nicht will? Ich bemühe mich wirklich, fühle aber mein Magengeschwür wachsen… Ich kann ja auch nichts an der Situation gerade ändern, wie auch. Da muss ich jetzt durch bis die richtige Mama wieder da ist. Ich befürchte nur, dass diese das ganz bequem findet (kenn ich schon aus der Vergangenheit) und daher erst recht kein Ende in Sicht ist. Sollte ich mich also einfach damit abfinden und so lange zurück stecken bis alles eingespielt ist und mich daran gewöhnen?

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    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Liebe Inge, dies ist schon ein etwas älterer Beitrag. Ich weiß nicht, ob viele Stiefmütter deine Frage lesen werden. Magst du sie vielleicht noch mal im Forum stellen? Falls Du noch nicht dort angemeldet bist, kannst du die Anleitung auf der Startseite finden. Herzlich, Susanne

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  2. Andi
    Andi sagte:

    Bitte nicht so böse.

    Man sollte das beste fürs Kind raussuchen.

    Nicht das Beste für sich.

    Für sein Kind zu arbeiten ist genau so anständig wie ein Kind zu betreuen.

    „Ueber“glucke und Alg 2 ist keine Alternative.

    Bitte keine Grabenkaempfe.

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  3. Marieke
    Marieke sagte:

    Ich bin auch Vollzeitstiefmutter einer 16 jährigen Tochter, die seit einem Jahr komplett in unserem Haushalt lebt (vorher 7 Jahre Wechselmodell). Wir haben gemeinsam noch eine kleine Tochter, 2 Jahre. Die zwei Mädels verstehen sich ganz wunderbar und lieben sich heiß und innig; auch als kleine Familie kommen wir sehr entspannt und gut zurecht, ich liebe meine Stieftochter fast genauso wie mein leibliches Kind und sie hat zu mir auch ein sehr herzliches und inniges Verhältnis.
    Aber ja, dahinter steht eine sehr traurige Geschichte und ein langer Leidensweg. Meine Stieftochter wurde so lange von ihrer Mutter emotional terrorisiert, weil sie ein Papakind ist, bis die Tochter mehr oder weniger von der Mutter aus der Wohnung geworfen wurde. Danach beschimpfte die Mutter ihre Tochter regelmäßig sehr verletzend und demütigend am Telefon. Wir mussten ihr helfen, den Kontakt auf ein Minimum runter zu fahren, da sie immer verzweifelter wurde. Die leibliche Mutter kannte keine Gnade, setzte ihre Tochter mehrfach vor die Wahl, „sie oder wir“. Zuletzt wurde wieder mit Kontaktabbruch gedroht, wenn die Tochter nicht wieder bei ihr einzöge. Leider finden die meisten dieser verbalen Übergriffe ohne Zeugen statt, wir finden dann nur unsere völlig aufgelöste Tochter vor. Momentan schafft es aber die Tochter immer mehr, diese Gespräche von sich aus abzubrechen, sobald es gewalttätig wird. Unsere große Tochter braucht viel Zuwendung, Zeit für Gespräche, und ja, auch viel Erziehungsarbeit, denn die Mutter hat viele alltägliche Dinge, wie Körperpflege, Hygiene, Ordnung etc. nicht im entsprechenden Alter eingeführt. Es gibt viel nachzuholen und es ist wenig Zeit bis zum 18. Geburtstag.
    Für uns als Eltern sind diese Dinge oftmals schwer zu erklären, besonders die weitere Verwandtschaft übt Druck auf uns auf, dass das Kind unbedingt Kontakt zur leiblichen Mutter haben soll, weil, es ist ja die Mutter.
    Dieses Argument macht mich sehr wütend, denn es gibt Mütter, deren Art ihre „Liebe“ zu zeigen, das Kind verstört und zerstört. Seit unsere große Tochter selten Kontakt zu ihrer leiblichen Mutter hat, blüht sie auf, entspannt sich und verliert immer mehr diese selbstzerstörerischen Aggressionen. Ich als Vollzeitstiefmutter, die dieses Kind sehr lieb hat und für das ich sehr viel Energie und Zeit gerne bereit bin zu geben, stehe grundsätzlich unter dem Generalverdacht, es aus niederträchtigen egoistischen Gründen von seiner leiblichen Mutter entfremden zu wollen. Das macht mich wütend, denn keiner dieser Moralapostel hat jemals erlebt, mit welcher Aggression unsere Tochter von ihrer leiblichen Mutter fertig gemacht wird.
    Jeder, der das erlebt hat, würde niemals wollen, dass sein Kind mit so einer Mutter leben muss.

    Und ja, wenn wir nur unter uns vier sind (mit lieben Freunden :-)) sind wir ein ganz tolles Team und ich bin sehr stolz darüber, zwei so tolle Töchter zu haben.

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  4. Dorothee
    Dorothee sagte:

    Ich stehe gerade vor einer für mich schwierigen Entscheidung. Mein Partner hat eine 13-jährige Tochter. Bei der Trennung war sie 9 Jahre alt. Und lebte von da an bei ihrer Mutter. Mein Partner und ich sind seit 3 Jahren zusammen und wohnen mittlerweile auch zusammen. Meine Beziehung zu seiner Tochter ist ein Wechselbad der Gefühle. Mal liebt sie mich heiß und innig, mal hasst und beschimpft sie mich. Ich bin anders als ihre Mutter. Bei mir gibt es Regeln und Grenzen. Mit der Mutter diskutiert sie solange bis diese nachgibt. Vielleicht ist es für mich einfacher diese Regeln zu halten, sie ist ja nicht meine liebliche Tochter. Aber ich bin immer für sie da, wenn sie jemanden braucht und ich würde sehr viel für sie tun.
    Seit einiger Zeit ist zu beobachten das die Beziehung zwischen Mutter und Tochter zunehmend schwieriger wird. Für außenstehende entsteht das Gefühl des absichtlichen Abschiebens der Tochter durch die Mutter. Ist die Tochter nicht bei uns (jedes zweite Wochenende), wird sie am Wochenende zur Oma „abgeschoben“. Kann die Oma nicht, sollen wir sich plötzlich auch an diesem Wochenende nehmen. Die Tochter ist nicht einfach. Sie hat psychische Probleme, Angststörungen. Die Mutter ist in den Augen vieler überfordert mit dem Kind. Die schulischen Leistungen rutschen immer mehr ab. Ihre Entwicklung nimmt im Ganzen eine negative Richtung (soziales Umfeld etc.). Die Mutter hat einen neuen Partner, der auch Grund für die Trennung war. Dieser zwei eigene Kinder. Manchmal entsteht der Eindruck, dass die Tochter in dieser neuen Familie stört. Zu Beginn verstand sie sich gut mit dem neuen Partner und den Kindern. Mittlerweile ignoriert man sich wohl. Die Erziehungsbeistandschaft (vom Jugendamt nach einem Aufenthalt in der Kinder-und Jugendpsychiatrie eingesetzt) und auch der Mitarbeiter des Jugendamtes haben meinem Partner und mir zu verstehen gegeben, dass sie keine gute Prognose für die Tochter abgeben können, sollte sie weiterhin bei der Mutter leben. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man uns nahegelegt hat das Kind zu uns zu nehmen. Ob das Kind und die Mutter dem zustimmen würden ist eine ganz andere Frage. Aber ich stehe für mich persönlich vor der Frage, will ICH das. Für den Vater ist die Entscheidung (natürlich) ganz klar, aber ich zweifel. Ich zweifel jeden Tag aufs neue. Bin ich stark genug dafür? Bin ich bereit mich in gewissen Dingen einzuschränken? Hält unsere Beziehung diese neue Belastung aus? Kann ich der Tochter jeden Tag eine gute Zweit-Mutter sein, wenn es mir schon manchmal am Wochenende schwerfällt, weil sie z.B. Verhaltensweisen an den Tag legt die ich nicht gut heißen kann?
    Ich bin Sozialpädagogin, viele in meinem Umfeld sagen mir, dass das doch alles kein Problem für mich sein dürfte. Wenige verstehen, dass es die professionelle Distanz zu gewissen Dingen zwar im beruflichen gibt, aber im privaten nicht existieren, sobald man emotional selber betroffen ist. Dann gibt es noch diejenigen, die mir raten es mir sehr genau zu überlegen, denn es gäbe hinterher kein zurück oder Ausstieg mehr. Und dann die die der Meinung sind, dass es da gar nichts zu überlegen gibt, schließlich wußte ich, dass er eine Tochter hat und das genau das jederzeit passieren könnte.
    Ich habe seine Tochter lieb, aber reicht das für sie? Für ihn? Für mich?

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  5. Rhona
    Rhona sagte:

    Ich muss dazu sagen das ich selber eine Vollzeitstiefmutter habe und sie mittlerweile mehr liebe als meine Mutter. Sie interessiert sich wenigstens für mich. Was ich von meiner Mutter nicht behaupten kann

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Es ist sehr traurig, dass deine Mutter sich nicht für dich interessiert. War das schon immer so? Oder gab es einen Konflikt? Immerhin hast du Glück, wenn deine Stiefmutter das (etwas) auffangen kann. Liebe Grüße, Susanne

      Antworten
  6. Susanne
    Susanne sagte:

    Es gibt trotzdem auch die Vizemütter, die einen Witwer heiraten, Kinder, die traumatisiert sind durch den Verlust der Mutter und die der Vizemutter anfangs wenig Chancen lassen, da die leibliche Mutter in Gedanken auf einem unerreichbaren Sockel steht. Ich würde mich sehr über einen Beitrag darüber freuen, denn ich bin so eine Vizemutter und finde kaum Literatur zu diesem Thema. Ihren Blog find ich klasse!

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Liebe Susanne, vielen Dank für die Anregung. Sie haben völlig recht, die „normale“ Stiefmutter aus früheren Zeiten, also die Frau eines Witwers, ist heute sehr selten geworden. Ich werde mich mit dem Thema beschäftigen, versprochen. Vielleicht haben Sie ja auch Lust, einen Gastbeitrag darüber zu schreiben? Liebe Grüße, Susanne

      Antworten
    • Silke
      Silke sagte:

      Hallo,
      ich bin so eine „klassische Stiefmutter“, habe im letzten Jahr einen Witwer mit 2 Kindern geheiratet. Ich selber bin vor mehr als 3 Jahren von meinem Exmann verlassen worden.
      Ich bin vor 2,5 Jahren sehr vorsichtig in die Familie gegangen. Wir kannte uns schon vorher, denn die verstorbene Frau war meine Freundin und ich war über die Jüngste Tochter Patentante.
      Zu meinem jetzigen Mann hatte ich vor dem Tod meiner Freundin
      keinen Kontakt. Vorher waren die Kinder offen mit mir, doch nach dem Tod der Mutter fühlte ich mich oft von ihnen abgelehnt.
      Auch in ihrem Haus fühlte ich mich wie ein Eindringling. Wir haben oft darüber geredet ,auch mit den Kindern. Die große Tochter ist inzwischen 18 Jahre alt. Ich habe ihr empfohlen und auch den Kontakt zur Beratungsstelle aufgebaut, wo sie nun ihre Trauer aufarbeiten kann. Zu ihr habe ich ein gutes Verhältnis aufgebaut. Ich darf sie in ihrem Leben begleiten und sie spricht mit mir über Ihre Probleme und holt sich Rat. Ich durfte auch bei dem Psychologischen Gespräch über die Trauer dabei sein. Das hat mir sehr gut getan, denn ich litt permanent unter Schuldgefühlen den Mädchen gegenüber.
      Die kleine Tochter hat eine geistige Behinderung und versucht oft mich und ihren Vater auszuspielen. Lange habe ich die Situation geschluckt , habe mich geärgert . Sie lässt mich ganz deutlich spüren , das sie nicht mich sondern ihr tote Mutter lieber an Papas
      Seite hätte. Es hat mich oft verletzt, denn gerade mit diesem Kind habe ich sehr viel gearbeitet. Es konnte nicht viel, brauchte in allem Unterstützung und herrschte in der Familie. Da ich selber ein behindertes Kind habe, durchschaute ich das Mädchen schnell und setzte ihr ganz klare Grenzen. ich behandle sie so, wie ich die anderen Kids auch behandle und sage und sage ihr ganz klar , dass ich genau weiss, wann sie mich und ihren Papa ausspielen will. Der steht allerdings auch komplett hinter mir
      Als 2. Frau eines Witwers lebt man oft neben einem Phantom.
      Im Haus meines Mannes war es so, als lebte ein Schatten neben mit. Ich habe ganz klar gesagt, so will ich nicht leben!!!
      Wir als Paar gestalten nun alles um. Es soll ein Zeichen sein, dass etwas neues begonnen hat. Das Alte darf in Frieden ruhen, aber das Neue darf wachsen. Die Trauer darf ihren Raum haben, aber wir dürfen alle wieder fröhlich und glücklich sein.
      Meinen Kindern geht es mit der Situation gut… haben kontakt zu ihrem Vater, aber zu meinem jetzigen Mann ist die Verbindung enger.
      Immer wieder sind wir alle im Gespräch, und das tut Not. Es ist sehr viel Arbeit und Beziehungspflege…LG Silke

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  7. M.
    M. sagte:

    Ich bin seit fast 4 Jahren Vollzeit-Stiefmutter. Mein Mann hat seine Tochter mitgebracht, die Mutter hat sie ihn freiwillig überlassen. Nach 2 Jahren fiel ihr ein, sie komme auch mit dem Sohn nicht mehr zu recht, weil er zu schwierig ist. Nun sind wir seit fast 2 Jahren zu 7. Die Tochter hatte schon immer mehr ein innigeres Verhältnis zu ihrem Vater, deshalb war es auch gar keine Frage, dass sie mit ihm geht. Der Junge wurde dann immer schwieriger bei ihr. Sie gab ihn dann zu uns. Der Vater wirds schon richten, war sie der Meinung. Mein Mann hat dann alles getan, um eine Diagnose zu bekommen. Es stellte sich heraus, dass der Junge ADS hat. Das konnte sie natürlich als Alleinerziehende nicht alles erledigen mit ihm (Ironie). Mir fällt es immer noch schwer, mich daran zu gewöhnen, dass der Junge bei uns lebt. Ich kann nichts positives für ihn empfinden. Dafür schäme ich mich auch nicht. Mein Mann weiß über meine Gefühle bescheid und verurteilt mich auch nicht. Er widerum mag meine beiden aus erster Ehe sehr gern. Macht da keinen Unterschied in der Behandlung. Über die Mutter der Kinder können wir uns beide zusammen so schön auslassen, lassen kein gutes Haar an sie. Sie hat einfach keine Muttergefühle, das sehen wir immer wieder an ihren Taten. Ich tröste mich wirklich mit dem Gedanken, dass die Kinder irgendwann aus dem Haus sind, aber das dauert in unserem Fall noch sehr lange.

    Antworten
    • Susanne Petermann
      Susanne Petermann sagte:

      Liebe M.
      Ich bewundere jede Frau, die sich als Vollzeit Stiefmutter um die Kinder ihres Mannes genauso kümmert, wie um die eigenen. Das ist wahrlich kein leichter Job.und in meinen Augen ist es auch überhaupt nicht frevelHaft, wenn man für die Kinder eben nicht die gleichen Gefühle hat, wie für die eigenen.
      Ein Junge mit ADS ist keine einfache Sache. Wie kommen die drei anderen denn damit zurecht? Oft ist es ja auch ein Problem, dass die eigenen Kinder von den Stiefkindern beeinflusst werden. Und zwar nicht immer so, wie man sich das vorstellt.
      Liebe Grüße,
      Susanne

      Antworten
      • M.
        M. sagte:

        Liebe Susanne,

        meine Tochter ist sehr sozial, sie kommt gut mit dem Jungen zurecht. Mein Sohn hat sich seit dem Einzug von ihm zurückgezogen, er kann ihn nicht sonderlich leiden. Er kann die Nähe von ihm nicht ertragen, nur im Notfall, beim Essen z.B. sitzen wir alle 7 an einem Tisch. Das schlimmste ist ja, dass seine eigene Schwester ihn nicht ausstehen kann, sie verhält sich nicht geschwisterlich ihm gegenüber. Sie motzt ihn nur an, will ihn aus ihrem Leben haben. Unser Nesthäkchen, unsere gemeinsame Tochter macht da keinen Unterschied, sie kommt mit allen 4 zurecht.

        LG

      • Susanne Petermann
        Susanne Petermann sagte:

        Weia, das klingt nicht einfach. Wie hilfst Du Deinem Sohn? Und was sagt Dein Mann zu den Entwicklungen?

        Ich weiß aus den vielen Gesprächen mit Stiefmüttern, die ich für mein Buch führte, dass so etwas auch mal mit einem Knall zwar nicht enden, aber zumindest unterbrochen werden kann. Habt Ihr Hilfe, also Außenstehende (z.B. Psychologen) die Euch und die Kinder unterstützen?

        Noch eine Frage, falls es nicht zu intim ist: zahlt die Mutter Unterhalt?
        LG
        Susanne

      • M.
        M. sagte:

        Mein Mann hat den Unterhalt gerichtlich eingeklagt. Das Urteil ist erst ein paar Tage alt. Jetzt muss sie zahlen, hat vorher nie Anstalten gemacht, sich immer davor gedrückt. Auch hat er den regelmäßigen Umgang gerichtlich einklagen müssen, weil sie die Kinder nehmen wollte, wie es ihr passt. Nun hat sie diese jedes 3. Wochenende. Das muss man sich mal vorstellen, da muss ihr das Gericht und das Jugendamt sagen, dass es wichtig für die Kinder ist, dass sie die Mutter regelmäßig sehen.

        Wir haben keine psychologische Hilfe.

        Mein Mann bekommt die Entwicklung natürlich mit. Aber mein Sohn ist schon immer sehr ruhig, er hat zum Glück sein eigenes Zimmer. Ich glaube, er kommt gut damit zurecht. Wenn er sich jetzt komplett geändert hätte, würde ich mir schon große Sorgen machen, aber dem ist nicht so.

        LG

      • Susanne Petermann
        Susanne Petermann sagte:

        Ich konnte es anfänglich kaum glauben, aber es ist tatsächlich so, dass nur sehr wenig Mütter (max. 20%), die unterhaltspflichtig wären, tatsächlich zahlen. Oft kommt auch, wie bei Euch, dazu, dass sie – leben die Kinder erst mal beim Vater – den Kontakt immer mehr schleifen lassen. Das ist also, so seltsam es klingt, relativ normal, was Euch da passiert.

        Ich bin mal gespannt, ob sie jetzt tatsächlich zahlt. Nur weil ein Richter ein dementsprechendes Urteil fällt, heißt es noch lange nicht, dass auch wirklich Geld fließt. Wie hielt sie es mit dem Unterhalt als die Kinder noch bei ihr lebten?

      • M.
        M. sagte:

        Sie hatte nach der Trennung ja nur den Jungen bei sich und die Tochter war bei meinem Mann und mir. Da hatten sie untereinander den Unterhalt aufgehoben. Sie hat ein gutes Einkommen, also kann sie theoretisch zahlen. Die Arbeit war ja auch ein Grund mit, warum sie den Jungen zu uns gegeben hat. Weil sie ihre Nachtschichten weiterhin machen wollte und sie keine Betreuung für ihn hatte. Aber wie wir dann mit 5 Kindern zurecht kommen sollen, hat sie in keiner Sekunde nachgedacht. Wir mussten völlig neu planen und umdenken. Jetzt haben wir einen geregelten Alltag und hoffen, dass bleibt auch so.

        Aber ich denke, die Mütter, die freiwillig die Kinder bei den Vätern lassen, haben nie den Bezug zu ihren Kinder gehabt. Ich könnte mir nie vorstellen, dass meine Kinder bei meinem Exmann leben. Ich würde kaputt gehen vor Sehnsucht. Mir würde ein Teil meines Herzens fehlen.

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